Die Hamburger Bürgerschaft beschließt die Erhöhung der Garantie für die HSH Nordbank mit großer Mehrheit. Auch CDU und Grüne stimmen dafür.

Altstadt. Der Juni 2013 wird in der Geschichte der Hamburgischen Bürgerschaft einen besonderen Platz bekommen. Selten hat das Parlament zweimal in so kurzer Zeit über derartig schwindelerregende Summen abgestimmt. Bevor kommende Woche die Neuordnung des Projekts Elbphilharmonie beschlossen werden soll, mit der die Kosten für die Stadt auf insgesamt 789 Millionen Euro steigen, ging es am Mittwochabend um einen noch größeren Brocken: die Wiedererhöhung der Garantie für die HSH Nordbank von sieben auf zehn Milliarden Euro.

Und die war - trotz eines Vorlaufs von mehr als einem halben Jahr - am Ende doch eine klare Angelegenheit: Außer der allein regierenden SPD stimmten auch CDU und Grüne und damit mehr als 100 der 121 Abgeordneten der Garantieerhöhung zu. FDP und Linkspartei stimmten dagegen und forderten mehr oder weniger die geordnete Abwicklung oder den Verkauf der Bank. Wenn kommende Woche auch der schleswig-holsteinische Landtag zustimmt - was als sicher gilt - und kurz darauf die EU-Kommission diese staatliche Beihilfe zumindest vorläufig genehmigt - was sie bereits signalisiert hat -, wird die Erhöhung zur Jahresmitte wirksam. Dann gilt: Jeder der gut 4,5 Millionen Einwohner in Hamburg und Schleswig-Holstein haftet mit gut 2200 Euro statt mit bislang 1550 Euro für die HSH Nordbank.

Beide Landesregierungen seien dennoch zu der Überzeugung gelangt, "dass die Chancen und positiven Wirkungen einer Garantieerhöhung das zusätzliche Risiko weit überwiegen", sagte Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD). Er betonte, dass nur die interne Abbaubank, in der die bis 2008 gemachten Altgeschäfte gebündelt sind, Verluste schreibe, während die Kern-HSH Erträge erwirtschafte. Bei einer Abwicklung wären dagegen allen Chancen verloren, nur die Kosten würden bleiben.

Unterstützung, wenn auch an Bedingungen geknüpft, kam von CDU und Grünen. CDU-Finanzexperte Roland Heintze forderte den Senat aber auf, auf die EU einzuwirken, dass die bisherigen Auflagen für die HSH, zum Beispiel ein Verbot der Flugzeugfinanzierung, gelockert werden. "Ertragreiche und zukunftsträchtige Geschäftsfelder sind wichtig, denn die Aufstockung der Garantie kostet die Bank viele Millionen Euro zusätzliche Provision", sagte Heintze. Dem stimmte die SPD zu.

In der Tat kommt der Beschluss der Bürgerschaft zunächst die HSH teuer zu stehen und nicht die Länder. Zum Verständnis muss man einige Jahre zurückschauen. Die 2003 aus der Fusion der Landesbanken in Hamburg und Kiel entstandene HSH Nordbank hatte jahrelang hohe Gewinne erzielt, war dafür aber hohes Risiko eingegangen. Das rächte sich in der Finanzkrise: Ende 2008 stand die HSH "am Abgrund", wie der damalige Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher sagte - er und andere Ex-Vorstände stehen wegen der riskanten Geschäfte von Juli an sogar vor Gericht. Die beiden Länder als größte Eigentümer schnürten daher 2009 ein Rettungspaket: drei Milliarden Euro frisches Geld und eine Staatsgarantie über zehn Milliarden Euro - beides abgewickelt über den eigens dafür gegründeten HSH Finanzfonds (Finfo).

Für diese Garantie zahlte die HSH vier Prozent Provision an den Finfo - also 400 Millionen Euro pro Jahr. Davon wiederum zahlt der Finfo den Drei-Milliarden-Kredit ab, den er für die Kapitalerhöhung aufgenommen hat. Im Idealfall würde die Rettungsaktion die Länder also gar nichts kosten. Zunächst sah es auch danach aus: 2011 wurde die Garantie auf sieben Milliarden Euro gesenkt - damit waren nur noch 280 Millionen Euro Provision fällig. Das stellte sich 2012 als Fehler heraus: Die erneut verschärfte Krise der Schifffahrt drückte bei der HSH, mit Krediten über rund 30 Milliarden Euro einer der größten Schiffsfinanzierer der Welt, auf die Kapitalquoten. Denn je größer das Ausfallrisiko, desto mehr Eigenkapital muss eine Bank vorhalten. Einfachste und wirksamste Möglichkeit zur Stärkung dieser Quote ist die Erhöhung der Garantie. Die Länder profitieren ebenfalls, weil ihr Finfo wieder deutlich höhere Provisionen einstreicht. In diesem Zusammenhang stimmte die SPD einem weiteren CDU-Antrag zu: Noch ist vorgesehen, dass die HSH rückwirkend weitere 270 Millionen Euro Prämie an den Finfo zahlt, um so zu tun, als sei die Garantie nie gesenkt worden - so soll die EU im Beihilfeverfahren milde gestimmt werden. Aus Sicht der CDU ist das eine Verdrehung der Vergangenheit, sie regte stattdessen an, die Summe auf die künftigen Provisionen aufzuschlagen.

Aus Sicht der HSH ist es unwahrscheinlich, dass sie die achte bis zehnte Milliarde je brauchen wird. Sie rechnet derzeit mit Kreditausfällen von 4,5 Milliarden Euro, von denen sie gemäß Vertrag mit den Ländern 3,2 Milliarden selbst tragen muss. Nur die darüber hinausgehende Summe führt zu Zahlungen des Finfo an die HSH - nach aktueller Prognose wird sie bis zu 1,3 Milliarden von 2019 an in Anspruch nehmen. Voraussetzung für dieses relativ optimistische Szenario ist aber, dass sich ihr neues Geschäftsmodell als "Bank für Unternehmer" durchsetzt. Bislang läuft es noch schleppend an.

Die Grünen verbanden ihre Zustimmung zur Garantieerhöhung daher mit der Forderung nach einem Plan B für den Fall, dass die Neuausrichtung fehlschlägt. Das lehnte die SPD jedoch ab: "Wir brauchen keinen Plan B", sagte ihr Haushaltsexperte Jan Quast. "Wir wollen die HSH stabilisieren."