Wie an antiken Orten mithilfe der Linken das Hamburger Konzerthaus neu geordnet wird. Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) schon wieder mitten im Job.

Viel ist in den vergangenen Wochen eröffnet und gefeiert worden. Die internationalen Bau- und Gartenausstellungen zum Beispiel. Dann kamen Kirchentag und Hafengeburtstag. Der Bundespräsident und die Kanzlerin waren zu Besuch, schöne Bilder aus Hamburg waren in der "Tagesschau" zu sehen. Fast konnte man annehmen, dass das politische Leben in den einsetzenden Maiferien zur Ruhe kommt. Aber nur fast.

Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) geriet Anfang der Woche mächtig ins Schlingern, als eine Senatsantwort auf eine Anfrage der Grünen öffentlich wurde. Es ging um die künftige Hafenfinanzierung. Und die hatte es in sich. Die Kosten der Projekte, die die Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) für die kommenden Jahre zum Hafenausbau plant, übersteigen die zur Verfügung stehenden Mittel um ein Vielfaches. Allein bis 2018 fehlen 444 Millionen Euro. Horch zeigte sich zunächst eisern: Mit den 100 Millionen Euro, die künftig jährlich aus dem Haushalt in den Hafen fließen sollen, sei aus Sicht des Senats "eine angemessene Balance zwischen dem wirtschaftspolitisch Notwendigen einerseits und den haushaltspolitischen Restriktionen andererseits gefunden worden". Damit befand sich Horch noch voll auf Senatslinie. Im Zuge der allgemeinen Aufregung besann er sich eines Besseren und wollte nun doch dafür kämpfen, zusätzliche Steuergelder aus dem Haushalt für den Hafenausbau einzuwerben.

In der Finanzbehörde wurde ob dieser Ankündigung zunächst einmal herzlich gelacht, dann wurde die Stimmung schnell wieder ernst. "Wieso kommt die HPA eigentlich mit dem Geld nicht hin?", lautete die Frage hinter vorgehaltener Hand. Schließlich seien 100 Millionen Euro als jährlicher Haushaltszuschuss nicht gerade wenig, zumal der Bund jährlich 24 Millionen Euro beisteuert und die HPA auch noch eigene Einnahmen von mehr als 50 Millionen Euro habe. Die Wirtschaftsbehörde hat erste Konsequenzen aus dem Millionenloch gezogen. Es werde nun jedes geplante Projekt noch einmal auf seine "Dringlichkeit auf der Zeitachse" überprüft, hieß es aus der Behörde. "Gebaut wird nur, wenn die Finanzierung sichergestellt ist."

Im türkischen Ferienort Kusadasi beschäftigte sich der urlaubende SPD-Fraktionschef Andreas Dressel mit einem berühmten Bauwerk. Zwar wäre der Tempel der Artemis an diesem bedeutenden Ort der Antike schon rein räumlich viel näher, aber gedanklich war Dressel bei der Elbphilharmonie. Der Zeitplan zur Neuordnung des Konzerthauses ist ja knapp bemessen. Bis zum 30. Juni muss die Bürgerschaft dieser Neuordnung zustimmen, sonst wären die Verträge zwischen der Stadt und Hochtief hinfällig. Deshalb verbrachte Dressel jeden Tag etwa eine Stunde an seinem iPad, um die Expertenanhörungen vorzubereiten.

Am 31. Mai nämlich sollen unabhängige Gutachter den Bürgerschaftsabgeordneten qualifizierte Antworten darauf liefern, ob es richtig ist, dass Hochtief weiterbauen soll, oder ob es womöglich besser gewesen wäre, die Stadt baute doch alleine weiter.

Und so ging es bei der elektronischen Korrespondenz zwischen den Spitzen der fünf Bürgerschaftsfraktionen darum, welche Gutachter eingeladen werden und zu welchen Themenkomplexen sie befragt werden sollen. "Da glühten die Drähte", ließ Dressel wissen. Unterstützung erhielt er überraschenderweise vom Haushaltsexperten der Linken, Norbert Hackbusch. Der war vorangeprescht und hatte einen ersten Entwurf geliefert, der als Grundlage für die "Beauftragung zur Gutachterlichen Stellungnahme" dienen sollte. Eher bremsend habe sich dem Vernehmen nach die Fraktion der Grünen bei dem Abstimmungsprozess verhalten. So monierte die grüne Seite, es sei zu wenig Zeit, sich ein umfassendes Bild von den Verträgen zu machen, um darüber in der Bürgerschaft abstimmen zu können. Hackbusch gibt sich dagegen pragmatisch. Zwar hätte auch er gern mehr Zeit gehabt. "Aber ich habe nichts davon, dass ich zwei Monate darüber diskutiere, dass ich eigentlich keine Zeit habe." Stattdessen solle die zur Verfügung stehende Zeit besser genutzt werden.

Wer nun wirklich wenig Zeit verstreichen lässt, ist Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD). Nur sechs Tage nach der Geburt ihres dritten Kindes Johann nahm sie ihre Amtsgeschäfte wieder auf. Am Montag empfing sie Wiens Bürgermeister Michael Häupl im Rathaus, Dienstag machte der Kommandant der "Gorch Fock" seinen Antrittsbesuch bei Veit, und am Tag darauf war sie auf dem Segelschulschiff zum Empfang. Immer mit dabei: Söhnchen Johann. Sie selbst will kein großes Gewese machen. "Andere Mütter gehen kurz nach der Geburt doch auch aus dem Haus." Länger als eine Stunde würden die Termine ohnehin nicht dauern, und Johann sei bislang pflegeleicht. "Und wenn ich über den Akten sitze, dann schläft er."