Eine Glosse von Axel Tiedemann

Ach, der Kirchentag in Hamburg: Auch wer nicht von den vielen Angeboten beseelt wird, fühlt sich doch irgendwie wohlig in der Stadt jetzt. Überall die netten Menschen mit ihren blauen Schals. Singend kam mir ein ganzer Trupp am Morgen selbst tief unten im Alten Elbtunnel entgegen. Wer mag da schon spotten? Wo doch ein solches Riesentreffen Orientierung bieten kann, nicht nur in Glaubensfragen, das Gute sucht man überall: "Essen ohne Sünde", so lautet beispielsweise das Motto des Gläsernen Restaurants dieses Kirchentags: Das bedeutet natürlich nicht Verzicht auf Pommes oder Sahnetörtchen, nein, es geht weiter in Richtung Ökologie, die unserer Tage ja selbst schon Ersatzreligion sein kann.

Aber es funktioniert auch mit kirchlicher Losung: Nur regionale, saisonale, ökologisch angebaute Produkte sollen daher im Gläsernen Restaurant auf den Tisch: Frühkartoffeln aus Ägypten? Nein so etwas isst man nicht. Das würde ja viel mehr Ressourcen verbrauchen als die Knolle aus dem heimischen Acker, liest man dann. "KleVer" ernähre man sich, also mit "klimaeffizienter Verpflegung". Na, dann guten Appetit! Wie gut, dass das auf der Speisekarte hübscher klingt: Currykartoffeln gab es da am 2. Mai, zum Nachtisch würzige Ananas mit Mascarpone. Am Tag drauf Orangenmöhrensuppe, Linsencurry mit Bananen, Rosinen, Joghurtsoße und Naturreis. Mein Gott, was nicht alles saisonal und regional in Hamburg angebaut wird ...