Schon vor 9 Uhr kamen die ersten igs-Besucher. Sie waren überwiegend begeistert, doch es gab auch kritische Töne. 700 Aussteller haben das Gelände in eine blühende Open-Air-Ausstellung verwandelt.

Hamburg. Sie lassen sich von Nieselregen und grauem Himmel nicht abhalten: Schon bevor die Gartenschau um 9 Uhr öffnet, stehen die ersten Besucher vor der Tür; ihre bunten Regenschirme leuchten mit den Blumen um die Wette. Nach igs-Schätzungen besuchen am ersten Tag immerhin rund 3000 Menschen den neu gestalteten Inselpark und unterzogen die große Gartenschau einem ersten Praxistest.

700 Aussteller haben das Gelände trotz des langen Winters in eine blühende Open-Air-Ausstellung mit insgesamt 80 unterschiedlichen Gärten verwandelt. Sie sind in sieben Themenwelten wie Wasser, Hafen, Kulturen und Kontinente aufgeteilt. Die Besucher bewegen sich durch unterschiedliche Vegetationszonen. In zwei großen Blumenhallen wetteifern Gärtner, Züchter und Produktionsbetriebe: Im wöchentlichen Wechsel werden 25 Blumenschauen präsentiert. Doch die igs präsentiert nicht nur Blumen.

Vieles kostet Extraeintritt

Schwerpunkt der Gartenschau ist das Thema "Bewegung": Kletterhalle, Hochseilgarten und Schwimmhalle eröffneten bereits vor Beginn der Gartenschau. Sie sind auch außerhalb der igs zugänglich, kosten jedoch Extraeintritt. Hinzu kommen mehrere Gärten, in denen balanciert, geklettert und gespielt werden kann, dazu eine Skateranlage und ein Yoga-Walking-Garten.

Schau ist behindertenfreundlich

Ingrid Wustmann und Margret Martinsson aus Schweden haben sich schon lange auf die Ausstellung gefreut und sind begeistert. "Wir sind fasziniert von den Blütenpracht", sagen sie, nachdem sie die Blumenhallen im Eingangsbereich besucht haben. Margret Martinsson ist mit einem Rolli unterwegs. "Ich komme überall gut hin, das Gelände ist sehr senioren- und behindertenfreundlich", sagt sie. Dazu passt, dass man sich (nach Voranmeldung) in den Infopoints an Haupt- und Westeingang Rollatoren, Rollstühle und elektrisch angetriebene Scooter ausleihen kann.

Ideenfundus für den eigenen Garten

Esther und Markus Jaggy aus der Schweiz haben ihren Hamburg-Besuch extra so gelegt, dass er mit der Eröffnung der Gartenschau harmoniert. "Wir sind sehr gespannt", sagen die beiden Hobbygärtner aus der Nähe von Zürich. Sie wollen sich Anregungen für den eigenen Garten holen. Noch schauen sie sich im Eingangsbereich der Gartenschau um, in der "Welt der Häfen". Hier symbolisieren 15 Gärten die Hafenstädte aus Jules Vernes Roman "In 80 Tagen um die Welt" - das Buch, das die igs zu ihrem Motto "In 80 Gärten um die Welt" inspiriert hatte. Weiße 20-Fuß-Container vermitteln maritimes Flair, drinnen erfahren die Besucher vieles über die landestypischen Handelswaren - Tee, Baumwolle oder Wein.

Pfiffige Abwechlungen kommen an

Die Hamburger Elke und Hans Holst haben den ersten Rundgang über das Gelände bereits hinter sich. "Uns gefällt gut, dass es zwischen den vielen Blumenbeeten auch pfiffige Abwechslungen wie den Bücherturm, den Spiegel der Eitelkeiten oder die Beziehungskisten zu entdecken gibt", sagen sie, während sie in einem Narzissenbeet vor einer gewellten, spiegelnden Metallfläche stehen.

Kinder freuen sich über viele Spielplätze

Auch Dorothée Gomme-Hingst, die die Gartenschau mit ihrem Mann Kai-Michael und den Söhnen Aurelius und Silvanus besucht, ist begeistert. "Noch haben zwar nicht alle Blumen ihre Pracht entfaltet, aber es wird eine tolle Ausstellung", sagt sie. Die Familie will in regelmäßigen Abständen wiederkommen, um den Prozess der Veränderung miterleben zu können. Den Jungs gefallen besonders die vielen Spielplätze auf dem Gelände.

Dauerkartenbesitzer verärgert

Bei Marina Neumann und Elisabeth Müller ist die Stimmung schlechter. Sie sind aus der Nähe von Berlin angereist und ärgern sich, dass sie als Dauergäste nicht an der offiziellen Eröffnungsfeier teilnehmen dürfen. "Das war bisher bei allen Gartenschauen möglich", sagen die beiden. Auch mit der Monorail-Schwebebahn können sie nicht fahren. Die steht noch bis 14 Uhr still - die Strecke führt dicht an der Südbühne vorbei, auf der Bundespräsident Joachim Gauck spricht. Auch die ist gesperrt. "Wir überlegen", sagen die Frauen, "ob wir unsere Dauerkarten zurückgeben."

Experten loben Pflanzenqualität

Ein Lob von Fachleuten bekommt die Gartenschau von den Gartenbautechnikern Mirko Philipps und Virchinia Bauer, die aus der Nähe von Dresden angereist sind. "Die Qualität der Pflanzen und ihr Arrangement in den Blumenhallen ist fantastisch", sagen sie.

Auch außerhalb der offiziellen Eröffnung gibt es Veranstaltungen im Parkgelände. Mit einem Gottesdienst etwa wird der "Lebenspfad" der christlichen Kirchen eröffnet. Er liegt in der Welt der Religionen, einer Gartenlandschaft als Ort der Ruhe und Meditation. Die Gärten seien "ein Stück des Paradieses", sagt der evangelische Bischof Gerhard Ulrich in seiner Predigt. Die Gartenschau zeige die Schönheit und Fülle alles Lebendigen und biete wunderbare Beispiele der Schöpfung, ergänzt der katholische Erzbischof Werner Thissen.

Kritik an weitem Weg von Parkplätzen

Einziges Manko sei der weite Weg von den obendrein teuren Parkplätzen zum Haupteingang. "Wir sind jung und sind schon eine Viertelstunde gelaufen, Ältere brauchen bestimmt 30 Minuten", sagen erste Besucher.

Die Internationale Gartenschau dauert noch bis zum 13. Oktober. In dieser Zeit werden rund 2,5 Millionen Besucher erwartet. Damit werde nach Ansicht von Hamburg Tourismus die touristische Positionierung der Stadt gestärkt: Rund 20 Prozent der igs-Besucher von außerhalb würden in Hamburg und Umgebung übernachten, ein Umsatz von rund 85 Millionen Euro. Zusätzlich gebe jeder Tagestourist durchschnittlich 40 Euro, jeder Übernachtungsgast rund 210 Euro pro Tag aus.

Die igs ist gemeinsam mit der Internationalen Bauausstellung IBA zentraler Motor für das Hamburger Stadtentwicklungsprogramm "Sprung über die Elbe". Ziel ist es, die Attraktivität der stadtnahen Südquartiere durch innovative Architektur und hochwertige Freiflächen zu stärken.

Bei Teilen der Bevölkerung stößt das auf Skepsis und Kritik. Wie bei der Eröffnung der IBA gibt es auch beim igs-Start am Freitag Proteste, allerdings nehmen nur wenige Menschen teil. Dieses Mal richten sie sich nicht gegen die drohende Gentrifizierung, sondern gelten der Zerstörung öffentlicher Naherholungsflächen.