Dreizehn Winterhuder Mietparteien teilen sich einen Garten. “Es ist sehr wichtig, dass man verschiedene Sitzplätze hat, sodass man sich auch aus dem Weg gehen kann.“

Hamburg. An und in Gärten sind schon Freundschaften, sogar Ehen zerbrochen. "Nichts ist sicher vor diesem Wind, der heute zwischen die Kirschblüten fährt und morgen zwischen die beiden", heißt es über ein Paar in Ulla Hahns Gedicht "Heckenrose". Und jetzt ein Garten, den sogar 13 Mietparteien benutzen? Kann das gut gehen? "Ja", sagt Norbert Einhaus und grinst, "wenn einer dabei ist, der alles in die Hand nimmt, funktioniert das."

Ein ganz normales Rotklinkerhaus der 1920er-Jahre am Krohnskamp, mitten im geschäftigen Teil von Winterhude. Hinter der Tür vom Treppenhaus zum früheren Hof wartet eine Überraschung: ein großer Garten mit vier Sitzplätzen in vier Ecken, großem Rasen, prächtigen Essigbäumen, mit verschiedenen Hortensienarten, vielen Blatt- und relativ wenig Blühpflanzen. Der Garten atmet in der Sommerhitze Kühle in Grüntönen, wirkt in sich geschlossen - und geschützt vor Blicken. 400 Quadratmeter Entspannung.

Die Rolle des einen, "der alles in die Hand nimmt", hat Norbert Einhaus gern übernommen. Als er 1998 im Erdgeschoss einzog, war er noch der Jüngste unter sonst sehr alten Mietern, "und das hier war Wiese mit zwei alten Apfelbäumen und einer undefinierbaren Masse Buchs". Er sicherte sich vertraglich die Zustimmung des Eigentümers, dann legte er los. "Das Erdreich war gruselig schlecht, voller Kriegsschutt. Ich musste immer wieder Mutterboden dazuholen. Trotzdem, Rosen funktionieren hier nicht." Mehr Glück hatte er mit Pflanzen für Schatten und Halbschatten: Prachtspieren, Schaublatt, Frauenmantel, Hosta und Funkien.

Die undefinierbare Masse Buchs schnitt er zurecht und schuf vor einem kleinen Holzhaus, einem früheren Behelfsheim, ein schönes langes Beet mit Buchsrand. Das Holzhaus wird heute als Gästezimmer genutzt.

Nach und nach kamen Einhaus' Nachbarn, zeigten sich verwundert, interessiert, blieben auch gern. So entstanden allmählich die Ecken mit den Sitzgruppen. "Es ist sehr wichtig, dass man verschiedene Sitzplätze hat, sodass man sich auch aus dem Weg gehen kann", sagt Einhaus. Wenn ein Mieter vorn links am großen Grillkamin Gäste bewirtet, kann ein anderer hinten unter dem Apfelbaum in Ruhe ein Buch lesen. Die Steinskulpturen, verzierten Sockel und Tröge, die in Winkeln des Gartens aus dem Grün gucken, hat Einhaus über die Jahre zusammengetragen.

Vor der Treppe zu seiner Erdgeschosswohnung hat er seine eigene Terrasse unter einem efeuberankten Feigenbaum eingerichtet. Heute kann er bis zu dreimal im Jahr Feigen ernten. Gegenüber auf der anderen Gartenseite führt ein weißer Kiesweg mit Buchsbaumrändern zum gemeinschaftlichen Grillplatz. Gelbe Lilien springen aus dem Grün zwischen Funkien, den auslandenden Blättern von Malven, rosa Mädesüß und einer Wildrose. Vom Rasen trennt die Sitzecke ein großer Blasenbaum, der im Juli/August lange gelbe Rispenblüten trägt und im Herbst schönes rotes Laub. "Ich bin ein Fan von verschiedenen Blattformen", sagt Einhaus. Vor allem für Hortensien schlägt sein Herz: Überall im Garten sind Teller-, Bauern- und Riesenblatt-Hortensien, Eichenblatt- und Kletterhortensien verstreut, die ab Juli für ein Blütenmeer sorgen.

Unter einem alten Apfelbaum erzählt Einhaus, dass er "in einem Neun-Häuser-Dorf bei Cloppenburg" aufgewachsen ist. "Da gab es ja sonntags nix zu tun. Also habe ich schon als Kind angefangen, die Arbeit im Garten zu machen. Mit der Zeit habe ich diese Arbeit lieb gewonnen." Den Gemeinschaftsgarten hat Einhaus so bepflanzt, dass man nicht dauernd Unkraut jäten muss. "Einmal im Jahr reicht. Allerdings muss der Buchs regelmäßig beschnitten werden, da merkt man, dass man Bandscheiben hat." Jeder hilft mit. Die Mieter kennen und duzen sich im Haus, bitten sich manchmal an den Gartentisch oder fragen: "Trinkst du einen Prosecco mit?" Vielleicht würde das Mit- und Nebeneinander bei häufigem Mieterwechsel nicht so gut klappen. Oder in einem Haus mit sehr ehrgeizigen Co-Gärtnern. "So schön es sich auch anhören würde, aber wir sind keine Gartenwohngemeinschaft", sagt Einhaus. "Wenn alle mitreden, wie es aussehen soll, kriegt man nicht so viel zustande."

Lesen Sie morgen Blankeneses grüne Stufen