Scholz-Brief an die Fraktionen im Rathaus ist verschollen. Zeit zur Unterzeichnung der neuen Verträge läuft. Die Opposition ist empört und fühlt sich erneut gegängelt.

Hamburg. Seit Monaten streiten sich Regierung und Opposition über die Akten, aus denen hervorgeht, warum der SPD-Senat die Elbphilharmonie von Hochtief zu Ende bauen lässt und warum er Mehrkosten von 200 Millionen Euro akzeptiert hat. Doch obwohl seit einer Woche immerhin 71 der 189 Aktenordner zur Einsicht vorliegen, gibt es jetzt dennoch neuen Krach.

Das kam so: Nachdem CDU, Grüne, FDP und Linkspartei gemeinsam im Januar den Senat zur Aktenvorlage bis zum 7. Februar aufgefordert hatten, hatte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) am 11. Februar in einem Schreiben an die Bürgerschaft erklärt, warum das vorerst nichts werde. Es gehe um enorme Aktenmengen, sie würden "im Rahmen der laufenden Vertragsverhandlungen teilweise noch genutzt", und drittens habe der Senat rechtliche Bedenken. Das Problem dabei: Dieses Schreiben kam nie in den Fraktionen an. Erst als Scholz am 12. April die Aktenvorlage ankündigte und dabei Bezug auf sein Schreiben vom Februar nahm, wurden die Fraktionen hellhörig.

Pikant ist das vor allem vor dem Hintergrund, dass sich die Opposition ohnehin mächtig vom Senat gegängelt fühlt. Denn dieser hatte sich selbst mehrfach mehr Zeit genommen, die neuen Verträge mit Hochtief zu unterzeichnen - dadurch aber die Zeit, die die Bürgerschaft für die Beratung der hochkomplexen Materie hat, immer weiter eingedampft. Denn bis zum 30. Juni muss die Zustimmung vorliegen - sonst sind die Verträge wieder hinfällig.

Daher regte sich FDP-Fraktionschefin Katja Suding mächtig über die Panne auf: "Wenn die gesamte Opposition vom Senat Einsicht in entscheidungsrelevante Papiere zu einem Hunderte Millionen Euro teuren Projekt verlangt, darf wohl erwartet werden, dass Antwortschreiben des Bürgermeisters dazu auch zeitnah durch die Bürgerschaftspräsidentin weitergeleitet werden", sagte sie dem Abendblatt. "Wenn das erst nach fast neun Wochen auf Nachfrage passiert, verdient dies wohl nur einen Namen: Schlamperei."

Aus der Bürgerschaftskanzlei hieß es, es lasse sich "derzeit nicht nachvollziehen", ob und wann dieses Schreiben eingegangen sei und ob es weitergeleitet wurde. Auch SPD-Fraktionschef Andreas Dressel bezeichnete den Vorgang als "ärgerlich". Da der Senat sich im Februar auch mündlich in ähnlicher Weise geäußerte hatte, habe inhaltlich aber niemand etwas verpasst. Die SPD werbe weiter dafür, sich auf einen gemeinsamen Fahrplan bis zum 30. Juni zu verständigen. Bislang verweigert die Opposition das - und der neuerliche Lapsus dürfte sie nicht gerade besänftigen.

Ärger gab es auch im Sportausschuss - im Gegensatz zur Elbphilharmonie drückte hier die Opposition aufs Tempo. Der Ausschuss wollte sich am Freitagabend mit dem im November vorgelegten Bericht der Zukunftskommission Sport befassen. Doch weil die Kommission nicht anwesend war und Sportsenator Michael Neumann (SPD) nach einer Stunde zu einem Feuerwehrtermin musste, wollten SPD und CDU das Thema auf den 4. Juni verlegen. FDP und Grüne lehnten das aber ab und wollten stattdessen Sport-Staatsrat Karl Schwinke (SPD) befragen. Erst als der mehrfach beteuerte, er könne dazu nichts sagen, wurde der Punkt doch vertagt. "So kann man mit der Opposition nicht umgehen", schimpfte Martina Kaesbach (FDP) danach. Juliane Timmermann (SPD) dämpfte die Aufregung: "Seit November hat sich die Opposition nicht für den Bericht interessiert und jetzt soll es ganz schnell gehen. Wir wollen das lieber sachlich und ordentlich machen."