Neue Verträge mit Hochtief zur Elbphilharmonie sind unterschriftsreif. Die Opposition stoppt den Zeitplan der Hamburger Bürgerschaft.

Hamburg. Nach mehr als zwei Jahren erbitterter Konfrontation, Ultimaten, Absichtserklärungen, Annäherungen, Verhandlungen und Prüfungen steht die Neuordnung des Projektes Elbphilharmonie kurz vor dem Abschluss. Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) hat am Dienstag den Senat darüber unterrichtet, dass der "Nachtrag 5", also die fünfte Überarbeitung der Verträge mit dem Baukonzern Hochtief, nunmehr unterschriftsreif ist. Allerdings muss nach Aussage der Kulturbehörde nun noch geprüft werden, inwiefern die zahlreichen Verträge zwischen Hochtief und seinen Subunternehmern ebenfalls angepasst werden müssen. Der Erfolg der Neuordnung sei aber nicht mehr gefährdet, sagten beide Seiten. Dennoch gab es am Dienstagabend großen Ärger im Haushaltsausschuss. Die Opposition sah sich vom Senat derart unter Zeitdruck gesetzt, dass sie den weiteren Zeitplan für die Zustimmung der Bürgerschaft vorerst stoppte.

Die neuen Verträge sehen im Kern vor, dass die Stadt sich weitestgehend aus dem Projekt zurückzieht und Hochtief mit den Architekten Herzog & de Meuron eine Arbeitsgemeinschaft unter Führung des Baukonzerns bildet. Was unspektakulär klingt, ist insofern revolutionär, als beide Parteien bislang gesonderte Verträge mit der Stadt hatten und oft gegeneinander statt miteinander gearbeitet hatten. Künftig ist Hochtief alleiniger Vertragspartner der Stadt, übernimmt sämtliche Risiken und garantiert der Stadt die Fertigstellung bis 2016 zum "Globalpauschalfestpreis" von 575 Millionen Euro. Das sind 200 Millionen mehr als bislang, wobei diese Summe auch die 35 Millionen beinhaltet, die den Architekten noch zustehen. Hinzu kommen etliche weitere Posten wie das bisherige Honorar für Herzog & de Meuron von 58 Millionen Euro, die Kosten für die städtische Realisierungsgesellschaft, für die Anbindung des Gebäudes und Steuern, so dass das ganze Projekt am Ende mehr als 700 Millionen Euro kosten wird.

Im Detail will der Senat das in der Drucksache darstellen, mit der er die Bürgerschaft über die Neuordnung informiert. Diese soll die Kulturbehörde nun bis zum 23. April vorlegen. Anfang März hatte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) das wichtige Papier schon für den gestrigen 9. April angekündigt. Die Akten der Stadt zu der Neuordnung, die die vier Oppositionsfraktionen bereits im Februar angefordert hatten, sollen statt wie angekündigt am 9. April nun erst am 29. April geliefert werden.

Wegen dieser Verzögerungen verweigerte die Opposition am Dienstagabend im Haushaltsausschuss die Aufstellung eines Zeitplans für die Beratung des Themas. "Der Senat gefährdet durch die Nichtherausgabe der Akten die Zustimmung der Bürgerschaft zur Neuordnung", schimpfte Roland Heintze (CDU). Auch Anja Hajduk war über den "inakzeptablen" Zeitplan erbost. Die Opposition forderte geschlossen eine Gespräch mit Bürgermeister Olaf Scholz (SPD), in dem er dem Stand der Dinge erklären soll.

Dabei geht es keine Kleinigkeit, denn in den neuen Verträgen ist vorgesehen, dass die Bürgerschaft bis zum 30. Juni zustimmen muss. "Nach fruchtlosem Ablauf dieser Zustimmungsfrist ist dieser Nachtrag gegenstandslos", heißt es. Die letzte Sitzung des Parlaments vor der Sommerpause ist aber bereits am 12./13. Juni - daher der enorme Zeitdruck. "Das ist eine Gratwanderung", sagte Dirk Kienscherf, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion. "Auf der einen Seite wollen wir eine ordentliche Beteiligung des Parlaments an dieser wichtigen Entscheidung, auf der anderen Seite erwarten die Hamburger, dass es auf der Baustelle weitergeht."

Nach Einschätzung von Hochtief wird das schon bald der Fall sein. Nachdem man sich Mitte Dezember im Grundsatz auf die neuen Strukturen geeinigt hatte, würden diese seit Anfang des Jahres bereits umgesetzt, sagte Hochtief-Sprecher Bernd Pütter. So sei die umstrittene Ertüchtigung des Dachs über dem großen Konzertsaal - der größte Knackpunkt im Streit mit der Stadt - nunmehr freigegeben. "Die neuen Strukturen funktionieren", sagte Pütter. "Man wird schon bald einen Baufortschritt sehen." Ohnehin sei an einigen Stellen stets weitergearbeitet worden, etwa an dem 250-Betten-Hotel. Allerdings habe man damit keine Eile, da die Eröffnung der kommerziellen Bereiche wie Hotel, Gastronomie und Parkhaus an der Fertigstellung des Konzertbereichs hänge.

Sollte die Bürgerschaft der Neuordnung nicht zustimmen, müsste die Stadt Hochtief die Kosten für die derzeit laufenden Planungen und Arbeiten übrigens ersetzen. Man werde alle Ausgaben erstatten, die der Konzern "im Vertrauen auf den Bestand dieses Nachtrages 5 erbracht hat", heißt es in dem Vertrag. Auf die Frage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Andreas Wankum, um welche Summe es dabei geht, antwortete der Senat, das lasse sich "nicht im Vorhinein beziffern".