Heute vor 125 Jahren wurde an der Alster der Deutsche Segler-Verband gegründet. Zwei Clubs aus der Hansestadt waren von Anfang an dabei.

Hamburg. Am 4. März 1888 hatte der Winter Norddeutschland fest im Griff. Ein eisiger Wind pfiff durch die Holzwände des Bootshauses vom Norddeutschen Regatta Verein (NRV) an der Alster. Aber 37 Männer trotzten den widrigen Umständen. Sie vertraten zwölf deutsche Segelvereine und hatten sich vorgenommen, einen Dachverband zu gründen, um für Regatten und Yachten einheitliche Regeln festzulegen. Der Deutsche Segler-Verband (DSV) war geboren, heute vor genau 125 Jahren.

Inzwischen ist der DSV einer der größten Spitzenverbände des weltweiten Segelsports mit rund 180.000 Mitgliedern in bundesweit 1.305 Segel- und Surfvereinen. In Hamburg gehören 14.000 Wassersportlerinnen und -sportler in 67 Vereinen zum DSV, darunter auch die Gründungsvereine NRV und der aus Königsberg stammende und heute an der Elbe beheimatete Segel-Club (SC) RHE. Der NRV ist mit rund 2000 Mitgliedern der größte Segelverein Deutschlands, der SC RHE der älteste (1855 gegründet).

Der DSV fördert das Segeln auf der See und auf Binnengewässern, für Erwachsene und Jugendliche, als Breiten- oder Regattasport. Ob als Kind im Anfängerboot "Opti", als Familie am Wochenende und im Urlaub auf einer Fahrtenyacht oder als Sportler auf schnellen Hightech-Rennmaschinen bei Meisterschaften und den Olympischen Spielen - alle will der DSV mit Sitz in Berlin und Geschäftsstelle in Hamburg vertreten.

Verbandspräsident ist seit 2005 der Berliner Rolf Bähr. "Ich segle seit 61 Jahren", sagt der heute 73-Jährige. "Es ist ein spannender, facettenreicher Sport mit einer großen Vielfalt an Menschen und Material. Die Faszination lässt nicht nach."

Die Geschichte des DSV ist natürlich eine Zeitreise durch die Kapitel des deutschen Segelsports. Technische Entwicklung, gesellschaftlicher Wandel, all das findet sich auf dem Wasser. In der wilhelminischen Ära wird das Bordleben noch vom Standesdenken beherrscht. "Herrensegler" mit großen Yachten und bezahlter Crew bleiben unter sich. Die Kieler Woche ist zu jener Zeit die größte öffentliche Bühne für den Segelsport. Kaiser Wilhelm II. präsentiert seine "Meteor", seine Gegner sind die "Hamburg" des Hamburgischen Vereins Seefahrt (HVS) oder die Krupp-Yacht "Germania".

Im Jahr 1900 wird Segeln olympisch, prompt gewinnt die Berliner Yacht "Aschenbrödel" in der Ein- bis Zweitonnerklasse Gold. Nach dem Ersten Weltkrieg kommt der Segelsport nur langsam wieder in Fahrt, um dann von den Nationalsozialisten von 1933 an auch politisch vereinnahmt zu werden. Im Zweiten Weltkrieg schließlich haben die Menschen andere Sorgen als Boote und Wind.

In der Nachkriegszeit spielt Deutschland allmählich auch seglerisch wieder mit. Und als in den 60er-Jahren der Glasfaserverstärkte Kunststoff (GFK) aufkommt, können Boote in Serie gebaut werden. Die Anschaffung eines schwimmenden Zuhauses wird für viele Menschen erschwinglich und attraktiv.

Nonstop in 45 Tagen auf Hightech-Rennziegen mit Tempo 100 um die Welt oder jahrelang mit Pausen auf den Weltmeeren unterwegs sein, die Montags-Regatta unter Vereinskameraden oder der erholsame Wochenend-Törn ohne Ehrgeiz mit der Familie - Segeln macht frei, ermöglicht den Blick mindestens bis zum Horizont, sorgt für Bewegung an frischer Luft, schärft die Sinne und ist eine gute Lebensschule. "Beim Segeln geht es um Werte wie Kameradschaft und Fairness", sagt DSV-Präsident Bähr. "Mensch, Natur, Technik und Schiff bilden eine Gemeinschaft. Das ist so und wird auch die nächsten 125 Jahre so bleiben."