Zu Beginn wollte sich kaum einer impfen lassen - jetzt sollen noch mehr Ärzte das Serum spritzen. “Wer heute Grippe hat, hat Schweinegrippe.“

Hamburg. An den ersten Tagen gab es kaum Interesse an der Schweinegrippe-Impfung. Jetzt aber dreht sich plötzlich die Stimmung: Nach neun Schweinegrippe-Toten in Deutschland ist auch in Hamburg die Impfbereitschaft stark gestiegen. In der Hansestadt standen gestern viele Menschen Schlange, um sich das Serum spritzen zu lassen. Um dem Ansturm gerecht zu werden, soll das Impfangebot in der kommenden Woche ausgeweitet werden.

Die Gesundheitsbehörde bemühe sich, dass weitere Ärzte eine Impfung anbieten, sagte Behördensprecher Rico Schmidt. Bisher wird nur in den Gesundheitsämtern sowie in 15 Schwerpunktpraxen und bei sechs Kinderärzten geimpft. Schmidt appellierte an die Hamburger, Risikopatienten vorzulassen. Die Versorgung mit dem Impfstoff sei "kein Problem".

In Teilen Niedersachsens ging das "Pandemrix"-Serum dagegen inzwischen aus. Patienten sollten sich nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung dort auf Wartelisten setzen lassen. Es könne mehrere Wochen bis zur Impfung dauern. Auch in Mecklenburg-Vorpommern wurden Impfwillige nach Hause geschickt, weil es keinen Impfstoff mehr gab. "Wir wurden förmlich überrannt", sagte Amtsärztin Marlies Kühn. Im westfälischen Münster war das Serum ebenfalls aufgebraucht. Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP), der in der "Bild"-Zeitung eindringlich zur Impfung aufrief, bat um Geduld. Der Impfstoff werde "laufend nachgeliefert".

Das H1N1-Virus breitet sich unterdessen immer mehr in Deutschland aus. An sechs Hamburger Schulen wurden bereits Klassen geschlossen, weil die Mehrzahl der Schüler krank im Bett liegt. "Wer heute Grippe hat, hat H1N1", sagte der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Jörg Hacker. Die normale Saison-Grippe sei noch nicht aufgetreten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte davor, die Pandemie zu unterschätzen. Bei normalen Grippewellen seien vor allem Menschen über 65 Jahre gefährdet.

Bei der Schweinegrippe träten die schwersten Erkrankungen dagegen bei Erwachsenen unter 50 Jahren auf. Besonders gefährdet seien Schwangere und Vorerkrankte. In Italien starben an einem Tag acht Menschen an der Grippe. Auch in Osteuropa ist das Virus auf dem Vormarsch: Nach der Ukraine bat gestern auch Bulgarien den Westen um medizinische Hilfe. HA