Für die Rettung Griechenlands werden die Euro-Staaten auf Milliarden verzichten müssen

Mehr als 340 Milliarden Euro Schulden, ein Einbruch der Wirtschaft um 20 Prozent und eine Arbeitslosenquote von rund 25 Prozent ... Kein Zweifel: Griechenland liegt am Boden. Auch wenn Experten bestätigen, dass Athen die richtigen Weichen gestellt hat und zumindest einen Teil der geforderten Reformen bereits umgesetzt hat - die Chancen für eine baldige Genesung des kranken Staates stehen denkbar schlecht. Im Gegenteil: Trotz aller Bemühungen steigen die Schulden derzeit noch weiter.

Der Vorschlag der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) für einen weiteren Schuldenschnitt könnte dem deutlich überschuldeten Mittelmeerland in der Tat helfen. Die Pille, die die Mitgliedstaaten der Europäischen Union bei diesem Schuldenschnitt zu schlucken hätten, wäre bitter: Sie müssten auf einen großen Teil ihrer milliardenschweren Forderungen gegenüber Griechenland verzichten.

Es wäre das erste Mal seit dem Beginn der Finanzkrise, dass die Staaten wirklich in den Rettungsmaßnahmen für Griechenland Geld verlieren. Beim ersten Schuldenschnitt für Griechenland mussten nur private Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten. Kein Wunder also, dass sich die Begeisterung für den Vorschlag der Troika - auch bei Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble - in Grenzen hält. Der CDU-Politiker lehnt einen Schuldenschnitt bislang strikt ab.

Aber was ist auf Dauer die Alternative dazu? Griechenland befindet sich in einer Schuldenspirale, aus der es bei allen Reformen wohl kaum aus eigener Kraft ausbrechen kann. So bitter es klingt: Die Rettung Griechenlands wird die 17 Euro-Staaten wohl oder übel etwas (oder besser gesagt eher etwas mehr) kosten. Entweder zahlen die Mitgliedstaaten in Form eines Schuldenschnitts - oder aber bleiben am Ende bei einem Staatsbankrott und der Rückkehr Athens zu einer massiv abgewerteten Drachme auf ihren Forderungen sitzen.

Einen Staatsbankrott und den Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone will bislang - auch wegen des verheerenden Signals auf die Märkte - so recht niemand ernsthaft. Also muss eine Art Schuldenschnitt her. Und zwar so schnell wie möglich. Ganz gleich, wie man die Operation dann auch immer nennt.

Dass es mit einem Verzicht der Staatengemeinschaft auf einen Teil ihrer bislang geliehenen Milliarden nicht getan ist, liegt auf der Hand. Deshalb ist es richtig, dass die Troika auch fordert, Athen noch enger als bisher an die Leine zu nehmen und weitergehende Reformen zur Bedingung für das Entgegenkommen zu fordern. Einige dieser Punkte greifen tief in die Selbstständigkeit ein. Die vorgeschlagene Besetzung von Schlüsselpositionen im Staatsapparat mit unabhängigen europäischen Experten oder das automatische Parken eines Teils der Steuereinnahmen auf einem Treuhandkonto etwa dürften harte Brocken für die stolzen Griechen werden.

Bittere Pillen gibt es also genug zu schlucken - für beide Seiten.

Die griechische Schuldentragödie muss aber zwingend mit einen zusätzlichen Akt verbunden werden, um weitere Schuldendramen möglichst zu verhindern. Die gemeinsame Forderung von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und EZB-Präsident Mario Draghi nach einem deutlich mächtigeren europäischen Währungskommissar macht in diesem Zusammenhang absolut Sinn.

Am Ende hilft es alles nichts: Auf Umwegen wird auf Dauer das nachgeholt werden müssen, was es eigentlich schon mit der Einführung des Euro hätte geben sollen. Das Europa einer gemeinsamen Währung braucht auch eine einheitliche Finanzpolitik und eine zentrale Haushaltskontrolle für alle beteiligten Staaten.