Die Befragung aller Neunt- und Zehntklässler löst Besorgnis aus. Hamburgs Schulsenator: Jugendliche und Eltern schlecht vorbereitet.

Hamburg. Die Ausbildungsfähigkeit Hamburger Schulabgänger ist erschreckend niedrig: Nur knapp jeder Fünfte, der die Klassen 9 und 10 von Stadtteil-, Förder- und Privatschulen im Sommer verlassen hat, bekam einen betrieblichen Ausbildungsplatz im Rahmen des dualen Systems. Rechnet man die staatlichen Angebote wie die Berufsqualifizierung im Hamburger Ausbildungsmodell hinzu, sind es 25 Prozent der Abgänger.

"Diese Zahlen sind für mich unerwartet und machen nachdenklich", sagte Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD). "Nur 25 Prozent mit einem Ausbildungsplatz - das ist sehr, sehr wenig und zeigt, dass wir einen großen Handlungsbedarf haben."

Immerhin: Erstmals gibt es einen exakten Überblick darüber, welchen Weg die Jugendlichen nach dem Ende ihrer Schulzeit einschlagen. 2011 waren noch 1600 Schulabgänger "verloren gegangen", weil niemand wusste, ob sie Pläne verfolgten, und wenn ja, welche. Deswegen haben die Schulen in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Institut für Berufliche Bildung (HIBB) 10 350 Jungen und Mädchen befragt, die im vergangenen Schuljahr die neunte oder zehnte Klasse besucht haben. Danach setzen knapp 50 Prozent (5043 Schüler) den Schulbesuch fort. Von den 1338 Jungen und Mädchen (25 Prozent der 5307 Schulabgänger), die einen Ausbildungsplatz bekamen, haben 222 eine vollschulische Ausbildung an einer Berufsfachschule begonnen. 170 Jugendliche wechselten in die Berufsqualifikation, die eine Ausbildungsgarantie enthält. Die übrigen 918 Schulabgänger sind im dualen System.

Von den Schulabgängern ohne Ausbildungsplatz besuchen 23 Prozent eine teilqualifizierende Berufsfachschule und weitere 40 Prozent ohne Ausbildungsreife ausbildungsvorbereitende Maßnahmen. Die Produktionsschulen verzeichnen 290 Teilnehmer. Weitere Abgänger wechselten zur Bundeswehr oder zum Bundesfreiwilligendienst. Um zu verhindern, dass erneut Schulabgänger durch den Rost fallen, haben HIBB-Mitarbeiter 400 Jugendliche, die "abgetaucht" waren, im September aufgesucht und beraten. "Bis auf zehn Schüler konnten wir alle Fälle abklären - ein Riesenerfolg", sagte HIBB-Geschäftsführer Rainer Schulz. Die neuen Jugendberufsagenturen hätten die Aufgabe, die Quote der Abgänger mit Ausbildungsplatz zu erhöhen.

"Es wird deutlich, wie schlecht Jugendliche und ihre Eltern darauf vorbereitet sind, dass man mit 17 Jahren eine Ausbildung beginnen kann", sagte Rabe. Dass so wenige Schulabgänger eine Lehrstelle finden, liege "keineswegs nur an der mangelnden Leistung".