Die Bremer Lürssen-Gruppe übernimmt die Hamburger Norderwerft. Werftchef kommt zur Betriebsversammlung - und wird herzlich empfangen.

Hamburg. Gleich hinter dem Werkstor steht das Verwaltungsgebäude. Ein schmaler holzvertäfelter Gang führt drinnen an Schiffsmodellen entlang zu den Büros der sechs Ingenieure, die den Werftbetrieb leiten. Einige Stufen nach oben, dann ist das Besprechungszimmer erreicht. Dort, an einem langen Tisch, sitzt Friedrich Lürßen, der neue Besitzer der Norderwerft. Wenige Minuten zuvor wurde er bei seinem Antrittsbesuch beklatscht. Bei einer Betriebsversammlung in der Kantine von der gesamten Belegschaft. "Wir sind in Hamburg angekommen", sagt Lürßen. "Unsere Belegschaft ist guter Stimmung", berichtet der Betriebsratsvorsitzende Bernd Hoffmann. "Alle sind froh, dass es so gekommen ist."

Seit dem 1. Oktober ist die Norderwerft der fünfte Standort der Bremer Werftengruppe. Nach der Insolvenz der Sietas-Werft hatte Insolvenzverwalter Berthold Brinkmann die Reparaturwerft, die zur Sietas-Gruppe zählte, an Lürßen verkauft. Der Preis für den Betrieb, der jetzt als Norderwerft Repair GmbH firmiert, soll im einstelligen Millionenbereich gelegen haben.

Der Unternehmer aus Bremen übernahm die komplette Belegschaft von 94 Beschäftigten. Keiner aus der Belegschaft ging. An der Spitze stehen weiter Jochen Prötzig und Klaus-Peter Nitz und der Betriebsratsvorsitzende heißt weiter Hoffmann.

Jetzt setzen alle darauf, dass die Stammkundschaft weiter ihre Schiffe bis 190 Meter Länge zu den vorgeschriebenen Instandsetzungs- und Wartungsintervallen zu ihnen bringt. "Der Oktober hat sich gut angelassen. Wir arbeiten gerade an zwei Frachtern und setzen zudem einen neuen Kran auf einen Binnentanker", sagt Werftchef Prötzig. Trotz der Schifffahrtskrise ist er optimistisch. Immerhin hat er auch in den vergangenen sechs Jahren mit der Norderwerft in jedem Jahr schwarze Zahlen geschrieben. Die Umsätze lagen zwischen 25 Millionen und 48 Millionen Euro.

Für Lürßen bedeutet die Übernahme der Norderwerft den zweiten Anlauf, um in Hamburg Fuß zu fassen. Zuvor hatte er ein Angebot für Blohm + Voss abgegeben. Doch das war beim Mutterkonzern ThyssenKrupp sowie bei den Betriebsräten auf wenig Gegenliebe gestoßen. Lürßen hatte sich schließlich zurückgezogen. Nachdem die Sietas-Werft in finanzielle Schwierigkeiten geraten war, hatte er sich um die Norderwerft beworben. "Wir spüren hier, dass es sich um ein Familienunternehmen handelt. Die Kultur im Betrieb und die Menschen passen zu uns", sagte Lürßen am Freitag bei seinem Besuch in Hamburg.

Klar ist für ihn: Docks, Kräne und Pier sind intakt. Trotzdem wird die Lürssen-Gruppe nun in den Standort investieren. Das Engagement ist in jedem Fall langfristig geplant. Mit der Hafenverwaltung Hamburg Port Authority (HPA) wurde bereits ein neuer Pachtvertrag für das Gelände geschlossen. Er gilt für 30 Jahre. "Die Gespräche waren konstruktiv", sagte Lürßen. "Wir fühlen uns in Hamburg willkommen."