Das Motto lautet “Die Stadt kommt aufs Land“. 62 Vereine aus den Vierlanden sind beim Erntedankfest am Wochenende dabei.

Kirchwerder. Michael Bornhöft ist ein geborener Vierländer, einer von echtem Schrot und Korn. Seine Augen glänzen vor lauter Fröhlichkeit - ungefähr so wie die Silberknöpfe an seiner Vierländer Tracht. Darin wird der Chef der Vierländer Speeldeel, der hauptberuflich Florist ist, selbstverständlich beim großen Erntedankfest in den Vierlanden auftreten - gemeinsam mit seiner Ehefrau Christel und der gemeinsamen Tochter Inken.

Musik, Tanz, Gesang und vor allem Spaß, das ist das Spezialgebiet der Speeldeel. Wie der Tanz Sünnros - was so viel heißt wie Sonnenrose -, den Familie Bornhöft auf dem Festplatz zeigen wird. 30 000 Besucher erwarten die Organisatoren in diesem Jahr, bei viel Sonne sogar noch mehr. Die meisten Gäste kommen wohl aus Hamburg.

Für Uwe Czaplenski, der aus dem städtischen Eimsbüttel in das weitläufige Bergedorf umsiedelte, ist eines klar: "Die Hamburger mögen das Landleben immer mehr, deshalb kommen sie zu Zehntausenden zum Erntedankfest in die Vierlande." Czaplenski, der in Bergedorf das Amt des Baudezernenten übernahm, wird am Wochenende, wenn das Fest unter dem passenden Motto "Die Stadt kommt aufs Land" beginnt, als Vertreter des Amtes auftreten. Das wird er gern tun, denn das Fest ist eine wahre Erfolgsgeschichte. So war die Besucherzahl schon im vergangenen Jahr mit 30 000 Besuchern doppelt so hoch wie ursprünglich erwartet. Die Festgäste standen dicht gedrängt am Straßenrand von Kirchwerder nach Zollenspieker und bewunderten die geschmückten Wagen oder feierten auf dem Festplatz.

In diesem Jahr könnten noch mehr Gäste in die Vierlande kommen, denn das Bezirksamt Bergedorf hat den Organisatoren 7500 Euro spendiert - und in ganz Hamburg wird mit Plakaten für Norddeutschlands größtes Erntedankfest geworben. Und auch die Zahl der Vereine, Gruppen und Organisationen, die beim Fest mitmachen, ist von 50 im vergangenen Jahr auf 62 gestiegen.

Hinter diesem großen Erfolg steht ein Förderverein, der 2011 das ganze Fest modernisiert hat und auf ein fröhliches Miteinander mit Volksfest-Charakter setzt. "Es geht vor allem darum, den Zuschauern etwas zu bieten", sagt Vereinschefin Marlis Clausen. So können Besucher die zahlreichen liebevoll dekorierten Erntewagen jetzt auch auf dem Festplatz sehen und ganz oft fotografieren - "was übrigens unglaublich viele Gäste tun wollen", wie Marlis Clausen berichtet.

Das Erfolgsgeheimnis liegt auch in der reizvollen Landschaft und der Mischung des Festes. Die Organisatoren legen Wert darauf, dass alles "nicht kommerziell" ist. Es gibt allerdings auch Szenen, die an den Karneval im Rheinland erinnern: Erntekönigin Lina von der Heide und Ernteprinzessin Natalie Zboinski werden beispielsweise Bonbons vom Wagen aus verteilen. Andere Vereine oder Gruppen verschenken Blumen und Selbstgebasteltes bei diesem Umzug, der eine Länge von anderthalb Kilometern erreichen wird.

Dieser Umzug, ein Höhepunkt des Festes, wird mit Blasmusik eingeläutet: Am Sonntag gegen 11 Uhr wird eine Trachtenkapelle aus Elters/Rhön vor der schönen St.-Severin-Kirche in Kirchwerder aufspielen. Nach Fahneneinzug und Gottesdienst formiert sich auf dem Norderquerweg um 13.30 Uhr der Festumzug. Über den Kirchenheerweg geht es nach Zollenspieker, dann auf dem Kirchwerder Elbdeich bis auf den Festplatz am Sülzbrack. Von 15 Uhr an ist dort, bei freiem Eintritt, Programm mit Musik-, Tanz- und Trachtengruppen aus den Vier- und Marschlanden, Bayern, Schweden und Niedersachsen zu sehen und zu hören.

Wer mit dem Auto anreist, findet einen größeren Parkplatz in der Nähe des Festumzugs oder sucht sich freie Plätze am Straßenrand. Parkplätze am Festplatz und am Süderquerweg sind ausgeschildert. Die Umzugsstrecke zwischen der Kirche in Kirchwerder und dem Kirchwerder Elbdeich ist gesperrt. Beliebt ist die Anreise mit der S-Bahn, weil man vom Bergedorfer Bahnhof sehr bequem mit den Bussen (Linien 120 und 124), die übrigens im Sondertakt fahren, mitten ins Geschehen kommt. Am Vortag, dem Sonnabend, beginnt das eintrittsfreie Programm mit Volksmusik um 15 Uhr auf dem Festplatz. Um 20 Uhr beginnt der Ernteball mit dem Bergedorfer Gesangsduo Die JunX, einer Partypop- und Jux-Band (8 Euro Eintritt).

Für den Neu-Bergedorfer Uwe Czaplenski ist es der erste große öffentliche Auftritt. Er wird mit seiner Frau Helga auf dem ersten Wagen, einer Kutsche, sitzen und die Besucher grüßen. Sein neuer Bezirk, in dem er praktisch wie ein kleiner Oberbaudirektor wirken kann, hat es ihm angetan. "Ich bin beeindruckt, mit welcher Energie die Vier- und Marschländer ihre Tradition bewahren und wie wohltuend die Pflege der Gemeinschaft hier ist", sagt er.

Mehr im Netz: www.erntedankfest-kirchwerder.de