Vier Monate nach dem Bürgerentscheid zum Center entzweit das Scheitern der Modernisierung noch immer die Lager. Es gibt keinen Plan B.

Eidelstedt. Sie wollten die Insel der Ruhe behalten - und sie haben die Insel der Ruhe behalten. Seit dem Bürgerentscheid zum Eidelstedt-Center sind der benachbarte Spielplatz und die Grünfläche weiterhin schön ruhig. Knapp 20 Bäume mussten nicht zugunsten eines modernen Center-Anbaus gefällt werden.

Nebenan, auf dem Wochenmarkt an der Alten Elbgaustraße, drängen sich dagegen wie eh und je die Menschen. "Ja, klar", sagt Michael Berlau. "Weil heute die Sonne scheint." An Regentagen sei das ganz anders. Und wenn man mal eine Weile stehen bleibe, könne man das grundsätzliche Problem sehen. "Überwiegend ältere Kundschaft", sagt der Obmann des Wochenmarkts am Eidelstedt-Center. "Das hätte sich mit der Erweiterung des Einkaufszentrums geändert." Doch weder ein großer Modekonzern noch ein Elektronikmarkt werden dort einziehen. Und damit schwand auch die Hoffnung des überwiegenden Teils der Markthändler - auf jüngere Kundschaft, auf neue Impulse.

Knapp vier Monate liegt der Bürgerentscheid über die Erweiterung des Eidelstedt-Centers nun zurück. Mit fast 70 Prozent der Stimmen hatten sich die Bürger im Bezirk Eimsbüttel gegen einen Anbau aus Glas und Beton entschieden. Ihnen waren die Grünfläche und der Spielplatz, die dafür hätten weichen müssen, wichtiger. Und während vor dem Bürgerentscheid gezankt und gestritten wurde, ist Ruhe eingekehrt, hat die federführende Parkschützer-Initiative Grünes Zentrum Eidelstedt inzwischen ihre Aktivitäten eingestellt. "Durch den erfolgreichen Bürgerentscheid und die breit getragene Unterstützung konnte der Erhalt eines wichtigen Stücks Eidelstedter Stadtteilidentität erreicht werden", schreiben die Vertrauensleute auf ihrer Internetseite. Und weil auch die Bezirkspolitik das Bürgervotum respektiert, bleibt alles beim Alten. Zumindest aus Sicht der Politik und der Initiative.

Doch wie geht es weiter im und am 1986 eröffneten Einkaufszentrum, dessen antiquiertes Raumkonzept unübersehbar ist? Dessen künftige Sogwirkung angezweifelt wird? Und dessen räumliche Erweiterung laut Betreiber nur auf der Grünfläche hätte stattfinden können? Die Betreiber der Munich Ergo Asset Management (Meag) sehen sich nach dem Scheitern ihrer Modernisierungspläne jedenfalls nicht in der Lage, Aussagen über die Zukunft zu treffen. Projektleiter Frank Balser sagt nur, dass es noch keine weiteren Entscheidungen gebe. Ein Plan B sei nicht erarbeitet. "Aber wir sind nach wie vor in jede Richtung gesprächsbereit." Mit anderen Worten: gepflegter Stillstand.

Auch deshalb überwiegt das Bedauern bei einem Großteil der benachbarten Markthändler. "Viele von uns haben positive Erwartungen an die Modernisierung geknüpft. Mehr junge Menschen, eine Durchmischung der Klientel", sagt Markt-Obmann Michael Berlau. Das wäre wichtig gewesen, weil Wochenmärkte generell ums Überleben kämpfen würden. "Aber nun müssen wir uns arrangieren. Denn Fakt ist auch, dass der Markt eine Begegnungsstätte hier in Eidelstedt bleibt."

Doch bei Weitem nicht alle Markthändler - und vor allem nicht alle Eidelstedter - teilen diese Meinung. "Ich höre oft, dass die Kunden zufrieden mit dem Entscheid sind", sagt Imbissbetreiberin Martina Berlau. Und auch Fleischer Stephan Grabow, seit 14 Jahren fester Bestandteil des Markts, ist froh, dass die Modernisierung nicht verwirklicht wurde. Vor allem die Bauarbeiten hätten den Markt vor Schwierigkeiten gestellt: "An anderer Stelle, etwa beim Markt an der Grundstraße oder beim Wochenmarkt in Bramfeld, hat sich gezeigt, dass damit immer Umsatzeinbußen verbunden sind." Zudem, so Grabow, seien die möglichen neuen Impulse für den Markt theoretisch gewesen. "Niemand kann vorhersagen, ob wir tatsächlich profitiert hätten."

Bei den Ladenbetreibern im Center herrscht indes Ernüchterung. Der Großteil hätte sich die Erweiterung gewünscht, sagt Karin Sifferle. "Deshalb bedauern viele das Ergebnis des Bürgerentscheids." Mit ihrem Mann führt sie seit dem Bestehen ein Juweliergeschäft im Center. Einige große Geschäfte, mit denen sie eingezogen waren, sind längst abgewandert.

Im Tabak- und Zeitschriftenladen Wohldorff findet Verkäuferin Dagmar Oberbeck deutlichere Worte. "Das Center wirkt dröge und veraltet. Alle Läden hier hätten einen Anschubser gut vertragen. Aber so fahren die Jüngeren eben weiter in andere Center. Hier gibt es ja nichts für sie." Kundin Bärbel Nagy stimmt da mit ein: "Der Entscheid ist eine Frechheit gewesen." Seit 30 Jahren wohne sie nun schon in Eidelstedt, den Schuhhändler Görtz habe sie abwandern sehen. "Und in diesem Zustand kann man das Center doch vergessen", sagt sie. Doch nun müssten eben alle damit leben. Mit dem veralteten Einkaufszentrum, dem Stillstand und mit der ruhigen Grünfläche nebenan.