Bei der Energiewende hat sich die Regierung in eine Zwickmühle manövriert

Die Energiewende werde nicht zum Nulltarif zu haben sein, beteuern die damit befassten Politiker ohne Unterlass. Es ist allerdings das einzige Versprechen, das im Zusammenhang mit dem "größten Projekt seit dem Wiederaufbau" (Bundesumweltminister Altmaier) bisher eingehalten wird.

Da werden munter Windräder in die See und die norddeutsche Tiefebene gepflanzt, ohne dass es Leitungen für den erwarteten Strom in den Süden gibt. Konnte ja auch niemand ahnen, dass die Hauptabnehmer, die deutsche Großindustrie und der Mittelstand vor allem in Baden-Württemberg und Bayern konzentriert sind! Die zu erwartenden und bereits auflaufenden Gebühren für nicht eingespeisten Strom muss irgendjemand bezahlen. Die Solarbranche ist dabei zusammenzubrechen, weil die Fördermittel gekürzt werden. Sie verschlingt trotzdem noch Milliarden - ohne nennenswerte Energiemengen zu liefern. Selbst der Biokraftstoff E10 ist in Zeichen von Dürre und steigenden Nahrungsmittelpreisen wieder im Gerede. Die gleiche ethische Debatte könnte auch über Biogas geführt werden.

Alles zusammen verschlingt Unsummen Geld. Dass Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) sich derzeit bei den Haftungsregelungen für nicht eingespeisten Windstrom querstellt, mag auch mit Interessen Bayerns zusammenhängen, wo zudem im kommenden Jahr der Landtag neu gewählt wird. Etwa mit dem Bestreben, nicht zu abhängig vom Norden werden zu wollen, lieber auf eigene Projekte zu setzen; sicherlich auch damit, der ungeliebten FDP, die den Wirtschaftsminister stellt, mal wieder eins auszuwischen und sich gegenüber der Schwesterpartei CDU in Positur zu werfen. Nur ganz von der Hand zu weisen sind die Änderungswünsche deswegen nicht. Denn den Stromkunden droht eine immer länger werdende Rechnung, weil sich verschiedene Lobby-Gruppen um die Subventionstöpfe prügeln und dabei versuchen, das eigene Risiko zulasten der Verbraucher gen null zu fahren.

Was dabei noch schlimmer ist: Am Ende könnte die groß ausgerufene Energiewende quasi vom Winde verweht werden. Denn in Wahrheit gibt es keine an den Bedürfnissen der Wirtschaft und der Verbraucher ausgerichtete Strategie für die Energieversorgung der Zukunft. Es gibt lediglich eine Rolle rückwärts der Regierung in Sachen Atomausstieg angesichts der Fukushima-Katastrophe. Das ist von einer gesellschaftlichen Mehrheit gewollt und getragen. Der Rest besteht aus papiernen Wünschen, bis zu welchem Jahr wie viel Energie aus sogenannten regenerativen Quellen gewonnen werden soll. Reichlich losgelöst von Machbarkeit, Bezahlbarkeit und Wirtschaftlichkeit. Vorrang hat das Etikett "Öko", mit dem auch jeder noch so große Unsinn ethisch-moralisch geadelt wird und damit beinahe unangreifbar gemacht werden soll.

Denn auf der anderen Seite stehen als verlässlicher Ersatz für Atomenergie nur Kohle und Gas. Die fossilen Brennstoffe garantieren die Grundlast und sind in ihrem Einsatz beliebig steuerbar. Dummerweise fällt bei ihrer Verbrennung Kohlendioxid an, der Stoff, der in quasi religiöser Verblendung für jegliche Klimaschwankungen verantwortlich gemacht wird - und damit zumindest offiziell als Alternative ausscheidet.

Die Regierung hat sich im Hauruckverfahren in eine Zwickmühle gebracht. Herauskommen kann sie nur, wenn sie - wie es Altmaier im Grunde vorschlägt - noch mal innehält, alle Optionen unter dem Vorbehalt realistischer Annahmen durchspielt und neu entscheidet. Das wäre der Industrienation Deutschland angemessen und könnte noch größeren Schaden respektive weiter ins unermessliche steigende Kosten von den Bürgern abwenden. Nur ist das leider ein Jahr vor der nächsten Wahl auch recht unwahrscheinlich.