60 Arbeitsplätze in der Hamburger Verwaltung fallen weg. Die Schuhkette steht vor entscheidenden Gesprächen mit den Banken.

Hamburg. Es ist ein schwarzer Montag für die Mitarbeiter von Görtz an der Spitalerstraße. Mehrere Hundert von ihnen drängen sich um 11 Uhr in einem Seminarraum der Zentrale, in dem sonst neue Schuhtrends oder Verkaufsmethoden besprochen werden.

Nun aber haben die Geschäftsführer Christian Moritz und Thorsten Hermelink erstmals in der 137-jährigen Geschichte der Schuhhandelskette tiefe Einschnitte beim Personal zu verkünden. Es fließen Tränen, insgesamt reagieren die Beschäftigten aber gefasst auf den bereits Mitte Juli angekündigten Stellenabbau, mit dem das angeschlagene Hamburger Traditionsunternehmen zurück in schwarzen Zahlen kommen möchte.

Rund 60 von insgesamt 230 Arbeitsplätzen in der Görtz-Zentrale werden gestrichen. 33 Mitarbeiter erhalten noch in dieser Woche ihre betriebsbedingten Kündigungen, wie Unternehmenssprecher Michael Jacobs dem Abendblatt sagte. Die ersten Gespräche mit den Betroffenen haben bereits stattgefunden. "Die übrigen Stellen werden unter anderem durch natürliche Fluktuation und durch Vorruhestandsregelungen wegfallen."

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Damit fällt der Personalabbau in der Zentrale etwas geringer aus, als noch vor fünf Wochen angekündigt. Damals hatte die Unternehmensleitung von bis zu 100 Stellen gesprochen, die in der Verwaltung wegfallen könnten. "Wir haben versucht, den unumgänglichen Stellenabbau so sozialverträglich wie möglich zu gestalten", sagte Jacobs. "Trotz der geringeren Zahl an gestrichenen Stellen ist es uns aber dennoch gelungen, das vorgegebene Einsparvolumen im einstelligen Millionenbereich zu realisieren." Dazu habe auch beigetragen, dass die Führungskräfte von Görtz für eineinhalb Jahre auf einen Teil ihres Gehalts verzichteten.

Der Gesamtbetriebsrat sprach von schwierigen, aber letztlich kooperativen Gesprächen, in denen es gelungen sei, einen Sozialplan und Abfindungen über dem Branchenschnitt für die gekündigten Mitarbeiter auszuhandeln. "Die Situation ist mies und für die betroffenen Beschäftigten sehr bitter, aber zum Wohl des Unternehmens arbeiten wir mit dem Management zusammen", sagte der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats, Joachim Martens.

Weitere Einschnitte stehen Görtz ohnehin noch bevor. Neben den Kürzungen in der Verwaltung will die Geschäftsführung noch bis zu 30 der insgesamt 260 Filialen in Deutschland schließen. Sechs dieser meist kleinen und unrentablen Geschäfte befinden sich in der Hansestadt. Betroffen sind voraussichtlich eine Filiale in Billstedt und eine in Eppendorf. Die endgültige Liste steht aber noch nicht fest und soll in den kommenden Wochen erstellt werden.

Görtz hat im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 400 Millionen Euro erwirtschaftet und dabei einen Verlust im niedrigen, zweistelligen Millionenbereich eingefahren. Wie die gesamte Schuhbranche leiden die Hamburger unter der wachsenden Konkurrenz von preisaggressiven Online-Anbietern wie Zalando und unter unberechenbaren Wetterbedingungen wie dem insgesamt zu nassen Sommer in diesem Jahr. Doch auch das frühere Management der Kette ist durch ein zu schnelles, unkontrolliertes Wachstum mitverantwortlich für die jetzige Situation. Trotz der Verluste wurden 2011 noch 15 neue Filialen eröffnet.

Die erst seit Kurzem amtierenden Geschäftsführer Thorsten Hermelink, Christian Moritz und Jörn Peters wollen mit ihrem Restrukturierungsprogramm Görtz bis 2013 wieder in die Gewinnzone führen. Dies soll durch eine Ausrichtung auf höhere Qualität und eine Bereinigung des Sortiments geschehen. Zudem soll sich die ursprünglich für eine jugendliche Zielgruppe gegründete Kette Görtz 17 auch an Käufer jenseits des Teenageralters wenden.

Um ihr Umbauprogramm durchziehen zu können, brauchen die Geschäftsführer allerdings die Unterstützung mehrerer Banken. Ende dieser Woche sollen die entscheidenden Gespräche stattfinden. Dann wird sich zeigen, ob den Vertretern der Institute die bisherigen Sparbemühungen von Görtz ausreichen oder ob sie zur Gesundung der Kette noch radikalere Einschnitte verlangen.