Hamburgs Ruf als Pferdehauptstadt ist in Gefahr

Bei der Siegeszeremonie des Deutschen Derbys am ersten Julisonntag in Hamburg erklang die Nationalhymne, von der komplett besetzten Haupttribüne schallte Applaus über den Sattelplatz, und die Ehrenpreise wurden in würdigem Rahmen übergeben. Wie immer. Lächelnd standen die Herren des Galopper-Direktoriums daneben. Man reichte sich die Hände, trank Champagner. Alles war zum Besten bestellt.

Aber nur äußerlich. Denn hinter den Kulissen hatte das Präsidium des Turf-Dachverbandes in Köln längst ein siebenseitiges Schriftstück vorbereitet, das wenige Tage später allen möglichen Rennvereinen hierzulande zugestellt wurde und jetzt für den größten Skandal in der 160-jährigen Geschichte des Hamburger Renn-Clubs sorgt. Die Zukunft des Blauen Bandes wird wohl vor Gericht entschieden.

Halali für das Derby in Hamburg? Die Konsequenz wäre klar: Ohne Derbymeeting kein Renn-Club. Und ohne Rennen keine Rennbahn. Damit wäre auch das vom Senat favorisierte Projekt einer Doppelrennbahn für Galopper und Traber im Südosten der Hansestadt ad acta gelegt. Zudem würde eine Tradition beerdigt, die anno 1869 an den Start ging. Hamburg wäre um ein traditionsreiches Sportereignis ärmer und würde seinen Nimbus als Pferdehauptstadt einbüßen.

Dass der altehrwürdige Hamburger Renn-Club mit allen Mitteln, auch juristischen, gegen diese Stillosigkeit des Dachverbandes vorgeht, ist nicht nur sein gutes Recht, sondern auch seine Pflicht. Parallel sollte das nun anstehende Scharmützel um die Zukunft des Deutschen Derbys als Denkanstoß genutzt werden. Fraglos wird in Horn seit Jahren mehr verwaltet als gestaltet. Es mangelt an frischen Ideen, neuen Sponsoren, Fernsehpräsenz und pfiffigen Marketingideen.

Denn die Begehrlichkeiten der Rennbahn-Rivalen sind nicht neu. Mit einem Augenzwinkern konterte der frühere Verteidigungsminister Helmut Schmidt solche Umtriebe einst mit der Drohung, zum Erhalt des Derbys notfalls Panzer auf dem Rathausmarkt auffahren zu lassen. Die Meinung dahinter ist damals wie heute zutreffend: Das Derby gehört nach Hamburg. Es muss nur besser werden.