Die Hamburger sind genervt: Briefe kommen zu spät oder gar nicht, Zusteller sind überlastet. Ver.di fordert mehr Personal.

Hamburg. Wenn Martin Grudzinski morgens durch seinen Vorgarten zum Briefkasten geht, hat er mal Glück - und allermeistens Pech. "Mal kommt die Post um 12 Uhr, mal um 16 Uhr - und manchmal kommt sie gar nicht." Grudzinski, das kann man sagen, ist darüber ziemlich erbost.

Er wohnt im Hamburger Nordosten in Wohldorf-Ohlstedt - also genau da, wo die Post neuerdings eine sogenannte Verbundzone eingerichtet hat (das Abendblatt berichtete). Dort werden Briefe und Pakete jetzt vom selben Postboten ausgetragen. Der ist dann nicht mehr mit dem Fahrrad unterwegs, sondern mit einem Kleintransporter. "So vermeiden wir Doppelfahrten von Brief- und Paketzustellern und können deshalb wirtschaftlicher arbeiten", lautete die Begründung der Post. In den Hamburger Stadtteilen Duvenstedt und Bergstedt laufe das schon seit Jahren ohne Probleme.

"Ganz im Gegenteil", meint Grudzinski. Der 67 Jahre alte selbstständige Kommunikationsfachmann klagt: "Nichts funktioniert. An manchen Tagen werden nur Briefe, an anderen nur Pakete ausgeliefert." Seinen Nachbarn, so Grudzinski, gehe es nicht anders. Von gleichen Erfahrungen berichtet Bianca Gnoss (40) aus Bergstedt. Bei ihr hakt die Postzustellung schon seit etwa zwei Jahren - immer wieder andere Zustellzeiten, immer wieder ein neuer Postbote. In der ersten Märzwoche 2010 kam dieser sogar nur an einem Tag. "Und am Montag darauf war dann plötzlich die ganze Post aus der Vorwoche im Briefkasten", berichtet Gnoss. Besonders ärgerlich: die finanziellen Konsequenzen. "Firmenrechnungen kamen verspätet an. Die Möglichkeit, bei einer frühen Zahlung einen Preisnachlass zu bekommen, ist uns da schon öfter durch die Lappen gegangen."

Jens-Uwe Hogardt, Sprecher der Deutschen Post in Hamburg, kann den Ärger nur teilweise verstehen: "Wegen der kürzlich erfolgten Umstellung auf die Verbundzustellung kann es sein, dass es in den letzten 14 Tagen nicht immer zu glatten Abläufen gekommen ist." In Sasel, Wellingsbüttel und Poppenbüttel wurde die Verbundzone neu eingerichtet und auch in Bergstedt und Duvenstedt zum Teil umstrukturiert. "Beschwerden, die sich auf das letzte Jahr beziehen, können wir allerdings nicht nachvollziehen", so Hogardt weiter. Allerdings könne es aufgrund des besonders harten Winters teilweise zu Auslieferungsproblemen gekommen sein.

Offenbar haben jedoch nicht nur die Postkunden mit den Verbundzonen zu kämpfen, sondern auch die Zusteller selbst. Zwar wird die Mehrarbeit, die sie durch die gemeinsame Auslieferung von Briefen und Paketen haben, durch nun kleinere Zustellbezirke abgefedert - nach Abendblatt-Informationen schaffen sie es aber nicht immer, alle Sendungen in einer Zehn-Stunden-Schicht auch tatsächlich auszuliefern. "Das ist dann zwar gemein für den Kunden", sagt Lars-Uwe Rieck von Ver.di, "aber da muss dann die Post als Arbeitgeber nachbessern und mehr Personal einstellen." Postbote, das sei ein Knochenjob, so Rieck. "Nur die wenigsten arbeiten bis zum 65. Lebensjahr."

Postsprecher Hogardt rät allen unzufriedenen Kunden, sich an das Kundentelefon der Deutschen Post zu wenden. "Dann können wir das nachprüfen und einschreiten." Martin Grudzinski allerdings hat diesen Schritt schon hinter sich. "Wenn Post für Sie da ist, wird sie auch zugestellt", so die lapidare Ansage. Auch Bianca Gnoss hat sich schon beschwert - und als Wiedergutmachung Briefmarken zugeschickt bekommen. Das sei zwar nett, helfe aber auch nicht viel, findet sie. Sie will sich jetzt nicht mehr auf die Post verlassen. Ihre Pakete verschickt sie jetzt nur mit anderen Zustelldiensten.