Die Postbeschäftigten in Hamburg sind aufgebracht. Seitdem die Vorstände des Konzerns öffentlich immer wieder androhen, die Arbeitszeiten zu verlängern und zugesagte Lohnerhöhungen nicht einzulösen, wächst der Widerstand.

Hamburg. "Durch den jahrelangen Jobabbau hat die Arbeitsbelastung für uns Briefträger stark zugenommen. Unsere Zustellbezirke sind heute doppelt so groß wie noch vor 15 Jahren. Da kann es doch nicht sein, dass die Post gerade jenen Mitarbeitern die Löhne kürzen will, die maßgeblich zum finanziellen Erfolg des Konzerns beitragen", ist der Briefträger Michael Wolff (59) empört. "Längere Arbeitszeiten und keine Tariferhöhung kämen einer doppelten Lohnkürzung gleich. Das lassen wir nicht mit uns machen", sagt der Hamburger Familienvater, der seit gut 17 Jahren bei der Deutschen Post beschäftigt ist.

Um die geplanten Sparpläne zu verhindern und den Druck auf den Vorstand zu erhöhen, will die Gewerkschaft Ver.di dem Unternehmen bundesweit einen "heißen Herbst" bescheren. In Hamburg wird es dazu am nächsten Dienstag eine Betriebsversammlung für alle rund 1200 Postzusteller der Stadt geben. "Damit werden am Dienstag in weiten Teilen Hamburgs weder Briefe noch Pakete zugestellt. Die Briefkästen bleiben leer, kein Paket wird ausgefahren", sagte der Ver.di-Fachbereichsleiter Wolfgang Abel dem Abendblatt. Betroffen sind rund 960 000 Haushalte in Hamburg sowie im Umland. Nicht berührt bleiben alle Stadtteile südlich der Elbe wie Harburg oder Bergedorf.

An diesem Sonnabend müssen bereits alle Lübecker wegen einer Betriebsversammlung auf ihre Post verzichten, am Montag alle Braunschweiger. Darüber hinaus sind weitere Aktionen in Norddeutschland und anderen Bundesländern geplant.

Die Treffen stehen alle unter einem Hauptthema, sagt Abel: "Wir wollen uns mit der Rambo-Politik des Postvorstandes auseinandersetzen." Der Gewerkschafter kritisiert die geplanten Sparmaßnahmen als "völlig unverständlich". "Die Post erwirtschaft selbst in der größten Wirtschaftskrise im Briefgeschäft nach wie vor Millionengewinne, zuletzt 557 Millionen Euro im ersten Halbjahr. Der Sparkurs ist deshalb fehl am Platz." Konkret geplant sei eine Arbeitszeiterhöhung von 38,5 auf 40 Wochenstunden, ein Aussetzen der für Dezember zugesagten Tariferhöhung von drei Prozent. Zudem will die Post neue Mitarbeiter nach einem Sondertarif bezahlen, der auf dem Niveau des Mindestlohnes in der Branche von 9,80 Euro im Westen und 8,40 Euro im Osten liegen soll. "Dies ist eine derbe Ungerechtigkeit", schimpft Helga Bonewald (55), die seit 1992 bei der Post beschäftigt ist und derzeit in Nachtschichten im Briefzentrum eingesetzt ist. "Für gleiche Arbeit muss es auch gleiches Geld geben", ist die Mutter überzeugt. Bereits jetzt würden neu Eingestellte etwa 30 Prozent weniger verdienen als Mitarbeiter, die seit vielen Jahren in dem Konzern arbeiten. Die Kampfbereitschaft schätzen Gewerkschafter als auch Mitarbeiter im Unternehmen als groß ein: "Wir sind auch zu Streiks bereit."