Hunderte Hamburger gingen am Wochenende auf die zugefrorene Außenalster. Die Behörde warnt immer noch vor dem Betreten der Eisfläche.

Hamburg. Das Eis hält. Mit der acht Monate alten Margarethe im Kinderwagen spaziert Jorge Picas über das rutschige Alstereis. Weil es so kalt ist, trägt er eine dicke Wollmütze und lacht. Es ist sein erstes Mal. "Ich war noch nie auf einem zugefrorenen Gewässer", sagt der Portugiese, der seit dreieinhalb Jahren in Hamburg lebt. Angst, mitsamt Kinderwagen einzubrechen, hat er nicht. "Es ist einfach nur toll." Ehefrau Kristina allerdings ist ein wenig mulmig. "Ich darf mit der Karre nicht zu weit hinaus", sagt Picas und bleibt mit dem Kinderwagen vor dem Cliff in Ufernähe.

Auch wenn über das offizielle Alstereisvergnügen mit Glühweinständen und Würstchenbuden erst am Mittwoch entschieden werden soll: Die mehr als 300 Menschen, so schätzt die Polizei, die gestern Nachmittag auf der zugefrorenen Außenalster unterwegs waren, genossen bereits ihr ganz persönliches Alstereisvergnügen - trotz Warnungen der Umweltbehörde. Mit Schlittschuhen und Schlitten, mit Kind, Oma, Opa und dem Hund ging es bei frostigen minus acht Grad hinaus. Eis testen, den Winter fühlen.

Still ist es, obwohl so viele Menschen gekommen sind. Behutsam setzt die Frau ihren Fuß aufs Eis. Ihr Mann war mutiger und wartet weiter draußen auf sie. "Ich habe schon Respekt", sagt sie. Die Hamburger, sie waren an diesem Wochenende Eisforscher. Neugierig und voller Tatendrang. Das letzte Mal, es ist ja auch schon so lange her. "Vor sechs Jahren bin ich das letzte Mal Schlittschuh gelaufen", sagt Dana (29) und zieht sich ihre weißen Schlittschuhe an. Das letzte Mal war auf der Eislaufbahn in Planten un Blomen. Das hier ist Natur. Das ist viel aufregender und größer. Und vielleicht ist dieses inoffizielle Eisvergnügen ohne kommerzielle Marktstände schon die eigentliche Party. "Es ist schön, dass die Hamburger einfach illegal aufs Eis gehen und die Gelegenheit nutzen.

Und es ist auch nicht so überfüllt", sagt Kirsten Hanssen (45) aus Uhlenhorst. Gemeinsam mit ihrem Mann wollte sie den Sonntag ursprünglich an der Elbe verbringen, "aber als wir sahen, wie viele Menschen auf der Alster waren, mussten wir auch rauf." Traut sich einer, trauen sich viele. Ein schlechtes Gewissen, das Eis trotz der Warnungen zu betreten, hatten einige dennoch. Aber was verboten ist, kann ja besonders reizvoll sein.

Das Eis, es macht Hunderte zu kleinen Rebellen. "Nicht dass die Polizei kommt und uns herunterholt", sagt Alexander Klingmöller, der mit seinen zwei Söhnen Viktor (9) und Leo (11) und Kumpel Konstantin (10) einem Puck auf Schlittschuhen hinterherrast und Eishockey spielt. Die Bewegung hält einigermaßen warm. "In den vergangenen Tagen hatte die Polizei noch per Lautsprecher vor dem Betreten gewarnt", sagt Alexander Klingmöller. "Heute kommen sie gar nicht aus ihren Autos raus."

Zu den polizeilichen Aufgaben gehöre zwar die Gefahrenabwehr, doch habe sich die Eisdecke weiter verfestigt, sagte ein Polizeisprecher gestern. Verboten ist der Gang aufs Eis übrigens nicht. "Das Betreten erfolgt auf eigene Gefahr", so die Polizei. "Es ist für uns auch gar nicht möglich, die vielen Menschen herunterzuholen. Wir haben lediglich ein Auge auf die Schwachstellen, zum Beispiel in Brückennähe." Mit drei Fahrzeugen war die Polizei vor Ort. Laut Behörde ist das Betreten der Eisfläche immer noch gefährlich, vor allem unter Brücken und in der Nähe von Wasserläufen. Bis zu 14 Zentimeter dick war das Alstereis bei der letzten offiziellen Messung am vergangenen Freitag (wir berichteten). Ein offizielles Alstereisvergnügen - wie zuletzt 1997 - gibt es erst ab 20 Zentimeter dickem Eis. Die nächsten Tage soll es sehr kalt bleiben. Die Prognosen für das Wochenende sehen aber nicht so gut aus: Ab Donnerstag soll es tagsüber bis zu drei Grad warm, nachts um die null Grad werden.