Der Finanzinvestor Orlando will nach der Übernahme der E.C.H. Will die Mitarbeiterzahl aufstocken. Wachstum auch in Asien geplant.

Wedel. Die neue Maschine reicht fast durch die gesamte Endmontagehalle. Eine Stahltreppe führt hinauf bis in die erste Etage zu den Walzen, über die künftig Papierbahnen laufen sollen. In rasender Geschwindigkeit, mit insgesamt 350 Metern pro Minute, werden sie von Messern in handliche Bögen geschnitten. Immer neun Lagen übereinander, sodass die Stapel in wenigen Minuten mit 9000 bis 10 000 Bögen auf 1,50 bis 1,80 Meter wachsen. "Beim Schneiden von großen Papierbögen sind wir Weltmarktführer. Keiner ist effizienter und schneller", sagt Klaus Aarestrup, der Vorsitzende der Geschäftsführung von E.C.H. Will.

Die rund 3,3 Millionen Euro teure Anlage wird demnächst nach Asien geliefert. Die Manager des japanischen Konzerns Nippon Paper legen dabei großen Wert auf eine patentgeschützte Eigenschaft der Konstruktion. Es geht um einen Vakuumtisch, der die empfindlichen Hochglanzbögen nach dem Schneiden ganz ohne Berührung fixiert und damit auch vor dem kleinsten Kratzer bewahrt.

Das hohe Interesse internationaler Kunden gehört derzeit zu den wenigen Konstanten im Geschäft bei E.C.H. Will. Die 218 Ingenieure, Techniker und Handwerker steuern in eine neue Zukunft. Der Standort, die Montage- und Fertigungshallen, die Büros sowie der Eigentümer haben sich verändert.

Hintergrund dafür ist die Entscheidung des Hamburger Körber-Konzerns, mit Will erstmals eine Firma aus der Gruppe zu verkaufen. Den Sondermaschinenbauer hatte Kurt A. Körber 1970 von Anneliese Will, der Enkelin des Gründers, als Tochter der Bergedorfer Hauni gekauft.

Neuer Eigentümer des Papiermaschinenbauers ist nun seit Mai eine Investorengruppe um den Münchner Finanzinvestor Orlando. Mitten im Umzug vom Hamburger Nedderfeld nach Wedel sind die Süddeutschen nicht nur in den langfristigen Mietvertrag eingestiegen, sondern haben auch die fünf Millionen Euro teuren Produktionsmaschinen übernommen. Unverändert geblieben sind neben der kompletten Belegschaft nur die Geschäftsführung, zu der als Finanzchef auch Daniel Walk zählt. Die beiden Manager, die den Konzern seit Jahren geführt hatten, hatten noch für Körber mit den Planungen für den neuen Standort begonnen. Orlando waren sie willkommen.

"Uns ging es bei der Gestaltung des neuen Standortes vor allem darum, gute Kommunikationsmöglichkeiten zu schaffen", sagt der Däne Aarestrup, der aus Aarhus stammt. Die Geschäftsführer setzten auf Großraumbüros etwa für Einkauf, Entwicklung und Konstruktion aber auch bis hinauf zu den Führungskräften. Gruppen können sich an Stehtischen zwanglos zu Besprechungen treffen und dabei überall im Haus Laptops über WLAN-Verbindungen nutzen.

+++ Körber AG verkauft Hamburger Tochter E.C.H. Will +++

"Selbst unsere Drucker haben wir zentral platziert und bieten dort Kaffee, Schokolade und frisches Wasser an", erläutert der Chef. So sollen die Beschäftigten auch dort ins Gespräch kommen. E-Mail auf E-Mail auszutauschen, führe dagegen nur zu Frust, meint Aarestrup. "Sprecht miteinander", ist seine Devise. Er selbst klettert jeden zweiten Freitag um 8.45 Uhr auf eine Holzkiste, in die sonst Maschinen verpackt werden und erläutert die Lage.

Wie sich das neue Konzept langfristig auf die Stimmung auswirken wird, ist zwar derzeit noch offen. Die Unsicherheit nach der Verkaufsankündigung durch Körber hat sich aber gelegt. "Der Übergang an Orlando belastet hier niemanden mehr", ist der Betriebsratsvorsitzende Kai Huhs sicher. Die Arbeitnehmervertreter hatten sich nicht gegen Orlando gewehrt, auch wenn klar ist, dass der Finanzinvestor nicht ewig an Will festhalten wird. "Wir passten nicht mehr in das Portfolio von Körber. Jetzt kann im Unternehmen freier entschieden und es kann investiert werden", sagt Huhs.

Die beiden Manager haben dabei weitgehend freie Hand, solange die Geschäfte laufen. Das tun sie. Derzeit reichen die Aufträge fast bis zum Jahresende. Es ist so viel zu tun, dass sogar am alten Standort in Eppendorf noch gearbeitet wird. Dort soll erst im Oktober Schluss sein.

Die Belegschaft will Aarestrup bis zum Jahresende um 18 Mitarbeiter auf 236 aufstocken. Zwar stagniert weltweit der Markt für die Papierverarbeitung, weil in Nordamerika der Bedarf zurückgeht. Dies werde aber durch die stabile Nachfrage aus Europa und den höheren Bedarf aus Asien ausgeglichen. "Gerade aus Asien kommen aber die meisten unserer Aufträge", sagt der studierte Kaufmann bei einem Rundgang durch die Montage. Zusätzlich stützt die Nachfrage nach Schulheften vor allem aus Entwicklungsländern den Umsatz. Die Hefte produzieren Maschinen von Will mit den Karos, Linien oder Rändern, die Platz für Anmerkungen von Lehrern lassen. "Auch die Bearbeitung von Hochglanzpapier mit der Vakuumtechnologie bringt uns eine Sonderkonjunktur", sagt der Chef.

Über den genauen Umsatz von Will, das mit dem Umzug einen hohen einstelligen Millionenbetrag für die Modernisierung in Hamburg gespart hat, will er zwar nicht reden. Klar aber ist: In der neu gegründeten Paper Systems Gruppe, zu der auch noch die beiden ebenfalls von Körber verkauften Schwesterfirmen Pemco in Wisconsin (USA) und Kugler-Womako in Nürtingen zählen, wird der Erlös in diesem Jahr von 96 auf mindestens 106 Millionen Euro wachsen.

"Diese Planzahl werden wir aus heutiger Sicht sogar übertreffen", sagt der Däne. Das gilt vor allem, wenn Kunden zum Schneiden, Verpacken und Binden von Papier gleich im Paket auf die aufeinander abgestimmten Maschinen der drei Firmen zurückgreifen. "Aufgrund dieser Strategie hat uns Orlando gekauft", sagt Aarestrup, der mit Walk auch an der Spitze der Holding mit insgesamt 450 Mitarbeitern steht. Die könnten zwar künftig auch Materialien wie Flies für Tücher, Plastik oder Gummi bearbeiten. "Der Kernbereich bleibt aber Papier", versichert der Chef.

So hat Will erst im Mai ein neues Verfahren zur Herstellung von Büchern vorgestellt. Sie sollen künftig nicht umständlich nach und nach in einzelnen Paketen gedruckt werden, sondern Blatt für Blatt geschnitten direkt aus Maschinen des Unternehmens laufen. "Digitale Verarbeitung" heißt das Verfahren. Bis zu 14 Bücher können gleichzeitig auf einer Anlage entstehen. "Das geht so schnell, dass die Bücher noch am selben Tag in den Handel kommen können", verspricht der Will-Chef und ist überzeugt, vor einem "großen Schritt" im Maschinenbau zu stehen.

Es soll nicht der letzte sein. Mit der Finanzkraft von Orlando im Rücken wäre auch ein Ausbau der Gruppe möglich. "Wir denken", so Aarestrup, "auch über Zukäufe nach."