Die Gemeinden Jork und Lühe halten Klagen gegen die Elbvertiefung für aussichtslos. Umweltschützer bleiben hart und ziehen vor Gericht.

Hamburg. Die Front der potenziellen Kläger gegen die geplante Vertiefung des Elbefahrwassers weicht auf: Die niedersächsischen Gemeinden Jork und Lühe haben jetzt überraschend angekündigt, dass sie doch nicht gegen die geplante Elbvertiefung klagen werden. Sie begründen diesen Rückzieher selbst mit einer voraussichtlichen Aussichtslosigkeit einer Klage. Nach wie vor halte etwa die Gemeinde Jork den Planfeststellungsbeschluss zur Elbvertiefung für rechtswidrig, sagt Jorks stellvertretender Bürgermeister Matthias Riel: "Allerdings hätte eine Klage der Gemeinde Jork keine Erfolgsaussichten, da eine Verletzung der kommunalen Rechte unserer Gemeinde wohl nicht belegt werden kann."

Noch vor einigen Wochen klangen die Stellungnahmen aus dem Alten Land deutlich kampfeslustiger. Die Obstbauern dort warnten vor allem vor einer möglichen Erhöhung des Salzgehalts im Elbwasser, das sie für Beregnung und Frostschutz ihrer weitläufigen Plantagen nutzen. Zu viel Salz würde die Pflanzen schädigen, so die Begründung. Mit Hamburg und der Schifffahrtverwaltung des Bundes gab es dann aber eine Vereinbarung zum Schutz dieser wirtschaftlichen Interessen der niedersächsischen Landwirtschaft. Sollte entgegen der Gutachten eine Versalzung trotzdem eintreten, würde es zu einem Ausgleich kommen - so in etwa lautet der Tenor dieser Übereinkunft. In Folge dessen gab auch Niedersachsen nach langem Zögern sein Einvernehmen zum Planfeststellungsbeschluss der Vertiefung, das in Hamburgs Nachbarbundesland aber noch immer sehr umstritten ist.

+++ Baggern mit Tradition +++

+++ Jork verzichtet auf Klage gegen Elbvertiefung +++

+++ Obstbauern im Alten Land fühlen sich "veräppelt" +++

Daher dürfte dieses seit Jahren von der Hamburger Hafenwirtschaft geforderte Projekt dennoch demnächst vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt werden. Anders als bei dem jahrelangen juristischen Tauziehen durch verschiedene Instanzen um die Airbus-Werkserweiterung werden Rechtstreitigkeiten um große Infrastrukturprojekte seit einer Gesetzesänderung gleich vor dem Bundesgericht geklärt. Bis zum 9. Juli haben mögliche Kläger noch Zeit, eine Klage in Leipzig einzureichen.

So wird es voraussichtlich die Stadt Cuxhaven tun: Sie wäre beispielsweise durch eine Erhöhung der Strömungsgeschwindigkeit infolge der Vertiefung direkt betroffen - weil dann der eigene Hafen viel schwieriger anzusteuern wäre. Zudem befürchtet man in dem Badeort eine Verschlickung der Strände an der Elbmündung. Solche Klagegründe könnten die Samtgemeinde Lühe und die Gemeinde Jork nicht nachweisen, weil sie von Aspekten der Strömungsgeschwindigkeit und deren Einflüssen auf touristische Belange nicht betroffen seien, wie es in Jork nach Prüfung des Genehmigungsbeschlusses heißt. Auch Nachteile wegen der Verklappung von Baggergut oder einer weiteren Verschlickung und Versandung der Nebenflüsse und Häfen könnten kaum als Argumente in einer Klagebegründung aufgeführt werden.

Anders bewerten die Umweltverbände ihre Chancen. "Wir bereiten jetzt die Klageschrift vor", kündigte der Hamburger Landesgeschäftsführer der Umweltorganisation BUND an. Die Elbvertiefung verstoße eben gegen wichtige europäische Naturschutzvorschriften.

Hamburgs parteiloser Wirtschaftssenator Frank Horch kommentiert diese Klageandrohung indes betont gelassen: "Das kommt nicht unerwartet. Ich sehe das jedoch mit einiger Gelassenheit, denn ich bin von unserer Planfeststellung überzeugt. Ich bin weiterhin optimistisch, dass die Bauarbeiten noch in diesem Jahr beginnen können."

Dazu gehört allerdings tatsächlich viel Optimismus, wie der Rechtsstreit um die ebenfalls geplante Weservertiefung lehrt. Dort verhandelt ebenfalls das Bundesverwaltungsgericht Leipzig die Klagen von einer Gemeinde, dem BUND, Landwirten und einigen Betrieben. In einer ersten Runde einigten sich die Beteiligten auf einen Baustopp bis zum 15. Oktober, um schon gleich im Hauptsacheverfahren zu einer Lösung zu kommen. Und die ist in Teilbereichen tatsächlich in Sicht: So konnte das Gericht vor einigen Tagen bereits verschiedene Kompromisse vorschlagen, die bereits angenommen worden sind, wie die Pressestelle des Gerichts meldete. Etwa Vorschläge, um eine Versalzung von landwirtschaftlichen Flächen zu verhindern.

Um den eigentlichen Naturschutz wird aber immer noch heftig gerungen, am 25. September wird es dazu einen weiteren Gerichtstermin in Leipzig geben. Ob es dabei ebenfalls zu einem Kompromiss kommt, ist offen. Für den Rechtsstreit um die Elbvertiefung wurde so ein möglicher Kompromiss allerdings schon einmal - wenn auch erfolglos - verhandelt. Der Vorschlag sah eine etwas geringere Vertiefung vor - was als "Elbvertiefung light" in die Schlagzeilen geriet. Noch mag sich keiner der Beteiligten bei der Elbvertiefung zu einem solchen Kompromiss bekennen, vor allem um die eigene Position nicht zu schwächen. "Wir warten erst einmal ab", sagt etwa Umweltschützer Braasch.

Allerdings gilt die Position der Vertiefungsplaner an der Elbe als besser als die ihrer Kollegen von der Weser. Für die Elbvertiefung und die geplanten Ausgleichsmaßnahmen hat die EU-Kommission nach langer Prüfung bereits ihren ökologischen Segen gegeben. Für die Weservertiefung nicht.