Absurde Drogenpolitik: Die Pläne der Kieler Regierung helfen keinem Süchtigen

Wer krank ist, hat Anspruch auf Hilfe, das gilt für eine Blinddarmentzündung ebenso selbstverständlich wie für Suchtkrankheiten. Was aber SPD, Grüne und SSW in ihren Koalitionsvertrag für Schleswig-Holstein geschrieben haben, ist bei genauem Hinsehen beinahe unterlassene Hilfeleistung. Wer harte Drogen konsumiert, dem muss beigestanden werden, um von der Sucht loszukommen und die Folgen der Krankheit zu mildern. Auf gar keinen Fall aber kann es Aufgabe der Gesellschaft sein, hochgefährliche Suchtmittel durch die Hintertür des "drug checkings" hoffähig zu machen.

In den vergangenen anderthalb Jahrzehnten hat sich die einst erbittert geführte Diskussion über den richtigen Umgang mit Drogen glücklicherweise versachlicht, orientiert sich heute meist an einem pragmatischen Kurs, bei dem die Kranken im Mittelpunkt stehen. Hinzu kommt Vorbeugung mit dem erklärten Ziel, vor allem junge Menschen unaufgeregt, aber nachdrücklich über Gefahren durch harte Drogen aufzuklären.

Was aber im Koalitionsvertrag für Schleswig-Holstein steht, ist geeignet, einen neuen Richtungsstreit anzufachen - und der ist so überflüssig wie ein Kropf. Es gibt kein Recht auf grenzenlosen Rausch, und für diese Feststellung hätte es auch der entsprechenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1994 nicht bedurft, dafür reicht der gesunde Menschenverstand aus.

Es gibt aber im Alltag noch viel zu tun. So wäre es eine überfällige Aufgabe für die Politik, den Flickenteppich der unterschiedlichen Länderregelungen für den sogenannten Eigenbedarf abzulösen durch einen einheitlichen Wert. Und auch einheitlichere Maßstäbe, nach denen Strafverfahren gegen bloße Konsumenten eingestellt werden, wären hilfreich.

Für die von SPD, Grünen und SSW in Schleswig-Holstein dagegen anvisierte Anhebung der Grenze von jetzt sechs auf bis zu 15 Gramm Cannabis gibt es keine vernünftige Begründung. Der Wirkstoff in Cannabis ist in den vergangenen Jahren stärker geworden, das hat die Grenze bereits faktisch erhöht. Im Grundsatz aber muss es dabei bleiben, dass Haschkonsumenten nicht unnötig kriminalisiert, Dealer aber konsequent verfolgt werden.

Hier wie beim "drug checking" gilt: Wenn die Gesellschaft die Entscheidung, Drogenkonsum zu bestrafen, nicht grundsätzlich infrage stellt, dann sind Polizei und Justiz gefordert, diese Rechtslage auch durchzusetzen. Wer hier neue Grauzonen schafft, der schadet dem Anliegen, Kranken zu helfen und die Zahl der Süchtigen in Grenzen zu halten - das wäre fatal.

Anders sieht die Sache aus in der Frage, ob Fixerstuben geeignet sind, Suchtkranken zusätzliche Hilfe anzubieten. Es ist Aufgabe der Behörden, einen möglichen Bedarf zu ermitteln. Nach Plänen der Dänen-Ampel soll es künftig Aufgabe der Kommunen sein, über die Einrichtung solcher Räumlichkeiten für den Drogenkonsum zu entscheiden. Auch das ist eine Gratwanderung, aber eben auch einfach eine Frage der Nächstenliebe. Und es ist richtig, solche Einzelfallentscheidungen vor Ort zu treffen, und nicht durch Ministerialbürokraten.

Bliebe noch die Frage, was die Koalitionäre in Kiel geritten hat, sich ausgerechnet bei der Frage des Drogenkonsums völlig ohne Not derart weit aus dem Fenster zu lehnen. Sind die Punkte am Ende eines langen Sitzungsmarathons durchgewinkt worden? Oder war bei den Unterhändlern von SPD und SSW schlicht die Sucht nach Macht größer als der gesunde Menschenverstand? Offenkundig hat keiner die Fachleute gefragt, die sich in Ambulanzen, Fixerstübchen und Krankenhäusern täglich mit den Folgen der Drogensucht auseinandersetzen.