Dänen-Ampel plant Rauschgift-TÜV vor Discos und will größere Menge Haschisch straffrei lassen

Kiel. Schleswig-Holstein schlägt einen umstrittenen Sonderweg in der Drogenpolitik ein. Die Dänen-Ampel will laut Koalitionsvertrag Junkies die bundesweit einzigartige Möglichkeit eröffnen, illegale Substanzen von einem offiziellen Drogen-TÜV untersuchen zu lassen. SPD, Grüne und SSW wollen zudem Haschbesitzer in Schleswig-Holstein weniger streng verfolgen, als es in Hamburg oder Niedersachsen gehandhabt wird. Suchtexperten warnen vor dem neuen Kurs, die Nord-CDU kritisiert die rot-grün-blauen Blütenträume als "Rückschritt in die Hippie-Ära".

Schleswig-Holsteins neue Drogenpolitik geht vor allem auf das Konto der Grünen und hier insbesondere auf das der Landeschefin der Grünen Jugend, Lydia Rudow. Die Studentin hatte in den Koalitionsverhandlungen mit SPD und SSW fast alle grünen Forderungen durchgesetzt: "Schleswig-Holstein war früher der Vorreiter für eine fortschrittliche Drogenpolitik in Deutschland und soll es wieder werden."

Besonders stolz ist Rudow auf den Drogen-TÜV. "Das war ein grüner Punkt." Ziel des TÜV, des "drug checking", ist der Schutz der Drogenkonsumenten. Sie wissen bisher nicht, ob bei Dealern gekaufte Ware sauber, gestreckt oder gefährlich gepanscht ist. "Da können toxische Substanzen drin sein", warnt Rudow. Deshalb sei es sinnvoll, wenn das Land mithilfe etwa eines Wohlfahrtsverbandes eine unabhängige Laborstelle aufbaue, die zum Beispiel vor Discos oder bei Konzerten einen Qualitätstest für Drogen anbiete. "So können Todesfälle vermieden werden."

Die Zustimmung zum Drogen-TÜV hält sich auch in der Regierungskoalition in engen Grenzen. "Möglicherweise ist das ein Weg, um Konsumenten mehr Sicherheit zu geben", meint der drogenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Peter Eichstädt. Vor der Umsetzung seien allerdings einige Hürden zu überwinden. So ist unklar, wie das Land illegale Drogen legal testen kann und wer im Fall einer falschen Analyse haftet.

Skeptisch äußern sich auch Drogenexperten wie Theo Baumgärtner, der das Präventionsbüro in der Hamburgischen Landesstelle für Suchtfragen leitet. "Beim drug checking gibt es jede Menge Schwierigkeiten." Die CDU lehnt den TÜV rundweg ab. "Es darf kein staatliches Qualitätssiegel für verbotene Drogen geben", sagt die CDU-Abgeordnete Katja Rathje-Hoffmann: "Eltern kann angesichts der angeblich fortschrittlichen drogenpolitischen Pläne der Dänen-Ampel nur angst und bange werden."

Kaum Beifall gibt es auch für den rot-grün-blauen Beschluss, Haschbesitzer seltener vor Gericht zu zerren. Schon bisher gehen Kiffer in Schleswig-Holstein wie in Hamburg und Niedersachsen meist straffrei aus, wenn sie nicht mehr als sechs Gramm Cannabis in der Tasche haben. Diesen Grenzwert will die Dänen-Ampel deutlich anheben, auf zehn bis fünfzehn Gramm. Drogenexperten lehnen dies ab. "Wir sehen keine Notwendigkeit, den Wert anzuheben", sagt Regina Kostrzewa, Geschäftsführerin der Kieler Landesstelle für Suchtfragen. Allein schon die Debatte darüber sei schädlich, weil der Eindruck entstehe, dass Haschisch nicht so gefährlich sei. Richtig sei das Gegenteil, warnt Kostrzewa. Der Wirkstoffgehalt des heute verkauften Cannabis sei wesentlich höher als in den 90er-Jahren.