Handelskammer-Präses fordert, auf Klagen gegen die Elbvertiefung und Wohnungsbau-Projekte zu verzichten

Hamburg. Die Handelskammer Hamburg hat Umweltverbände und Bürgerinitiativen in deutlichen Worten ermahnt, wichtige Vorhaben der Stadt nicht zu blockieren. Als Beispiele nannte Handelskammer-Präses Fritz Horst Melsheimer in seiner Rede vor der Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns die Elbvertiefung, die Energiewende und den Wohnungsbau. Dem SPD-geführten Senat sagte Melsheimer die grundsätzliche Unterstützung der Kammer zu, forderte aber mehr Anstrengungen bei der Haushaltskonsolidierung.

Die Elbvertiefung entscheide ganz wesentlich "über die Prosperität unserer ganzen Metropolregion", sagte der Handelskammer-Präses vor 2200 Gästen aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Kirche. Nachdem die EU zu dem Ergebnis gekommen war, dass die Fahrrinnenanpassung die ökologische Gesamtsituation des Flusses nicht verschlechtert, richtete Melsheimer einen Appell an die Naturschutzverbände: "Verzichten Sie darauf, dieses für unsere Stadt so wichtige Projekt durch Klagen unnötig in die Länge zu ziehen!"

Gestern teilten die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord des Bundes und die Hamburger Wirtschaftsbehörde mit, dass der "Entwurf des Planfeststellungsbeschlusses" für die Elbvertiefung fertig sei. Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) sprach von einer "wichtigen Etappe" und kündigte an, nun die Nachbarländer Niedersachsen und Schleswig-Holstein offiziell um ihre Zustimmung zu bitten. "Spätestens im Frühjahr 2012", so Horch, werde dann der endgültige Planfeststellungsbeschluss vorliegen. Gegen diesen wollen Naturschutzverbände wie der BUND wohl vor Gericht ziehen - das könnte das Projekt abermals verzögern.

Beim Thema Energiewende begrüßte der Handelskammer-Präses, dass der SPD-Senat nur eine Minderheitsbeteiligung von 25,1 Prozent an den Strom-, Gas- und Fernwärmenetzen anstrebt. "Eine höhere Beteiligung brächte keinen Zusatznutzen und würde die Stadt nur viel Geld kosten, das sie nicht hat", sagte Melsheimer. "Vor diesem Hintergrund fordere ich die Volksinitiative auf: Ziehen Sie Ihr Begehren zurück!" Die Initiative "Unser Hamburg - unser Netz", die von Umweltverbänden, der Nordelbischen Kirche und der Verbraucherschutzzentrale getragen wird, fordert hingegen den Rückkauf von 100 Prozent der Netze.

Auch beim Thema Wohnungsbau warb der Kammer-Präses für die übergeordneten Interessen der Stadt: Um das Ziel, mindestens 6000 neue Wohnungen pro Jahr zu errichten, erreichen zu können, gelte es, "die Widerstände von Bürgerinitiativen konstruktiv zu überwinden", so Melsheimer. Hamburg müsse das Motto beherzigen: "Vermieter willkommen, Nachbarn willkommen". Allerdings dürften nur in Ausnahmefällen Gewerbe- in Wohnbauflächen umgewidmet werden. "Zusätzlicher Wohnraum nutzt dann wenig, wenn nicht zugleich ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht."

Breiten Raum in der Rede des Handelskammer-Präsidenten nahm die EU-Schuldenkrise ein. Das Modell "Wachstum auf Pump" funktioniere nicht mehr, sagte Melsheimer. "Das gilt für die Welt, das gilt für Europa, das gilt für Deutschland, für unsere Nachbarn und auch für unsere eigene Stadt." Er lobte, dass der Hamburger Senat die jährliche Ausgabensteigerung auf maximal ein Prozent begrenzt. Wie schon der Rechnungshof kritisierte er aber auch den "Schönheitsfehler", dass als Ausgangsbasis nicht die tatsächlichen, sondern die geplanten Ausgaben des Jahres 2010 herangezogen wurden - die deutlich höher waren. So sei der Haushalt 2011 nicht um ein Prozent, sondern um 4,8 Prozent gewachsen. Melsheimer: "Vor diesem Hintergrund ist größerer Ehrgeiz bei der Haushaltskonsolidierung nicht verboten."