Allein in diesem Jahr wird der Hamburger Tierschutzverein (HTV) 770.000 Euro Verlust machen. Erbschaften gehen dramatisch zurück.

Hamburg. Der Hamburger Tierschutzverein (HTV), der das Tierheim Süderstraße betreibt, steht vor dem finanziellen Kollaps. Allein in diesem Jahr wird das Tierheim einen Verlust von rund 770.000 Euro machen.

"Die finanzielle Lage ist dramatisch. Wenn sich die Einnahmesituation nicht verbessert, dann müssten wir in drei Jahren Insolvenz anmelden. Denn länger reichen unsere Ersparnisse nicht aus", sagte Tierheimchefin Katharina Woytalewicz dem Abendblatt. Der Schatzmeister des Vereins, Edgar Kiesel, erklärte: "Wir leben zum großen Teil von Erbschaften, und diese sind deutlich zurückgegangen. Wir müssen den Tierfreunden wieder bewusst machen, dass Tierschutzarbeit auch viel Geld kostet. Deshalb sind wir vor allem auf Nachlässe angewiesen."

Wie dramatisch die Situation ist, zeigen die Zahlen: Im vergangenen Jahr lagen die Einnahmen durch Erbschaften noch bei mehr als 1,5 Millionen Euro, in diesem Jahr sind es bislang 768 000 Euro. Die Spenden sind ebenfalls massiv zurückgegangen, von 303 000 Euro 2010 auf 154 000 Euro bis Mitte November 2011.

In diesem Jahr rechnet der Tierschutzverein mit Gesamteinnahmen von rund 2,8 Millionen Euro. Aber fast genauso hoch sind allein die Gehaltszahlungen für die 90 Mitarbeiter: "Unser Problem ist, dass viele Angestellte beim HTV sehr gut bezahlt werden. Der Betriebsrat ist bisher auch nicht bereit, zum Beispiel einem Verzicht auf das Weihnachtsgeld von mindestens 750 Euro pro Mitarbeiter zuzustimmen", sagte Schatzmeister Kiesel. Die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Sabine Pfeiffer konterte: "Unsere Gehälter wurden seit 2003 nicht erhöht."

Auch von der Stadt Hamburg erhofft sich der HTV mehr finanzielle Unterstützung: "Die Zahlungen der Stadt decken nicht die Kosten, die uns durch die Dienstleistung für die Stadt entstehen", sagte Tierheimchefin Woytalewicz. Die Stadt habe im vergangenen Jahr dem HTV rund 1,8 Millionen Euro für die Aufnahme und Pflege von "Fund-, Sicherstellungs- und Verwahrtieren" bezahlt. Für einen Hund bekommt das Tierheim 13 Euro pro Tag, für eine Katze sechs Euro. Zusätzlich gibt es pauschale Beträge unter anderem für den Tierrettungsfahrdienst.

Der Deutsche Tierschutzbund kritisierte: "Die Städte nehmen die Leistungen der Tierheime in Anspruch und kaufen sich so billig von ihren Aufgaben frei", sagte Präsident Thomas Schröder dem Abendblatt. "Es gibt zahlreiche Fälle, wo Kommunen 80 Prozent der Leistungen des Tierheims beanspruchen, aber nur 20 Prozent erstatten. Der Rest muss durch Spenden und Erbschaften getragen werden."