Mehr als 400 Trauergäste, darunter viele Prominente und ehemalige Kiezgrößen, kamen am Freitag zur Gedenkfeier auf den Friedhof Ohlsdorf.

Hamburg. Die Fritz-Schumacher-Halle, die größte Kapelle auf dem Ohlsdorfer Friedhof, hätte doppelt so groß sein müssen. Und selbst dann hätte sie die Menge der Trauergäste, die am Freitagnachmittag Abschied von "Ritze"-Wirt Hanne Kleine nehmen wollten, kaum fassen können. Lange im Ruhestand befindliche Alt-Zuhälter, breitschultriger Box-Nachwuchs, Schauspieler und Prominente standen Kleines Witwe Kirsten und ihrer Familie bei.

Udo Lindenberg hatte seinem Freund sogar ein Lied gewidmet: "Ich schwöre" heißt es, erzählt vom Abschiednehmen. Neben Lindenberg kamen Schauspieler Heinz Hoenig und Jan Fedder, Travestie-Künstlerin Olivia Jones und eine Schar illustrer Gestalten, die neben Kleine das Leben auf dem Kiez in den vergangenen Jahrzehnten entscheidend prägten. Insgesamt waren es wohl mehr als 400 Trauergäste.

Darunter "Karate Thommy" Born, ehemaliger Karate-Europameister und handfestes Mitglied der berüchtigten "Nutella-Bande", Ex-Zuhälter-Kollege und Künstler Klaus Barkowsky, bekannt als der "schöne Klaus", Karl-Heinz Schwensen und Boxer René Weller. Auch Hamburgs wohl bekanntester Betrüger, "Milliarden-Mike" Wappler - Anfang des Jahres aus der Sicherungsverwahrung entlassen -, kam auf den Ohlsdorfer Friedhof, um Kiezwirt Kleines zu gedenken.

In der Kapelle war ein Sarg mit einem "Zur Ritze"-Schriftzug aufgebahrt, umstanden von zahllosen ausladenden Blumengebinden, einem Bild Kleines aus jungen Boxerjahren und einem aus weißen Rosen stilisierten Boxer. Der Trauerredner würdigte vor allem Kleines "unbedingte Verlässlichkeit", seinen Humor, seine Ehrlich- und Aufrichtigkeit. Im stillen Gedenken, beim Ave-Maria und dem Rudolf-Schock-Klassiker "Ach, ich hab' in meinem Herzen" hätte man trotz der mehreren Hundert Teilnehmer der Trauerfeier eine Stecknadel fallen hören können.

Schweigend zogen knapp 80 Freunde und Bekannte später am Abend in einem Trauermarsch über den Kiez. Die Polizei hatte dafür eine Spur der Reeperbahn gesperrt. "Wir trauern um unseren Hanne" stand auf einem Banner, das an der Spitze des Zuges getragen wurde - der standesgemäß nach seinem Weg über die Reeperbahn, Davidstraße, Friedrichstraße und den Hans-Albers-Platz an der völlig überfüllten "Zur Ritze" endete, wo der Rest der Trauergemeinde bereits wartete.

Hanne Kleine, der mit richtigem Vornamen Hans-Joachim hieß, war in der Nacht zum Freitag vergangener Woche im Alter von 79 Jahren im Marienkrankenhaus verstorben. Er erlag nach monatelangem Krankenhausaufenthalt einer schweren Infektion. Seit 1974 führte Kleine die bei Touristen und Kiezbewohnern beliebte Wirtschaft: Richtig bekannt wurde sie, als der ehemalige Mittelgewichtsboxer der DDR-Nationalmannschaft einen Sparringraum im Keller aufbaute, wo Profis wie Henry Maske und Dariusz Michalczewski trainierten. Witwe Kirsten wird die "Ritze" in Hanne Kleines Sinn weiter führen. Doch der Stammplatz der Kiez-Legende auf der Bank an der Wand - er wird leer bleiben.