Die Stadt steckt 530.000 Euro in ein Haus für Obdachlose, das nach dem Winter schon wieder abgerissen werden soll. Die CDU ist empört.

Hamburg. Die ganze Geschichte mutet an wie eine Amtsposse im Bezirk Mitte - allerdings eine sehr kostspielige: Es geht um ein seit mindestens fünf Jahren leer stehendes Bürogebäude, das der Stadt gehört und das auf Wunsch der Sozialbehörde gerade für 530.000 Euro umgebaut wird. 160 Schlafplätze für Obdachlose im Winternotprogramm sollen dort entstehen.

Doch jetzt wurde bekannt, dass die Finanzbehörde das Gebäude nach dem Winter sofort abreißen lassen will. Sie hat das mit einem Antrag in den Bauausschuss des Bezirkes eingebracht.

"Das ist doch ohne Worte", sagt Gunter Böttcher (CDU) Vorsitzender des Ausschusses. "Die Finanzbehörde hat wohl den Maßstab der Wertigkeit verloren." Es könne nicht sein, dass so viel Geld in ein öffentliches Gebäude gesteckt werde, das nur einen Winter genutzt wird - und dass nach dem Abriss dort dann nur eine Leerfläche bleibt. Die CDU sei davon ausgegangen, dass das Haus länger von der Sozialbehörde genutzt werde.

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Für die CDU ist schon der Abriss ohne Nachnutzung "kein sinnvoller Umgang" mit Leerstand. "Solche Gebäude sind heute nachgefragt, Künstler oder andere könnten es zwischennutzen", sagt Böttcher. Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) habe "wohl nicht mitbekommen, was in der Stadt los ist". Weiter sei es unsinnig, das Gebäude abzureißen. "Denn dann fehlt ein Lärmschutzriegel für die dahinterliegenden Wohnhäuser des Münzviertels", sagt Böttcher.

Die Bezirkspolitiker der SPD sehen das alles etwas milder. "Da hat wohl in der Liegenschaft der Finanzbehörde ein Sachbearbeiter nicht genau hingeguckt", sagt Falko Droßmann, SPD-Fraktionschef im Bezirk Mitte. Die Finanzbehörde müsse sich "daran gewöhnen, genau hinzugucken".

Die Finanzbehörde wiederum behauptet: "Alle Beteiligten waren vom baldigen Abriss vorher informiert." Die Finanzbehörde wolle nach dem Abriss die Brachflächen auf dem freien Markt zum Kauf anbieten. Das ganze Gebäude sei "marode und ohne vertretbaren Aufwand nicht zu sanieren".

Der Streit wurde erst einmal hinter verschlossenen Türen geführt, denn die Beratungen des Bauausschusses im Bezirk sind eigentlich nicht öffentlich. Doch die Piratenpartei hat den Antrag der Liegenschaft auf Abriss ins Internet gestellt. Und auch der eigentlich nicht öffentliche Beschluss des Ausschusses ist bekannt: Der Antrag wurde "nicht zur Kenntnis genommen".

Die SPD möchte den Antrag nun an die Liegenschaft zurückschicken und fragen, was nach dem Abriss geplant sei. Doch auch das gerät wohl zur Posse. Denn eine Ablehnung sei gar nicht möglich, erklärt der Ausschussvorsitzende Gunter Böttcher. Der Antrag könne nur "zustimmend zur Kenntnis genommen werden". Die gesamten Hintergründe will die CDU-Opposition nun mit einer Kleinen Anfrage an den Senat klären lassen.