Das neue “Spiegel“-Haus auf der Ericusspitze in der Hafencity hat eine reizvolle Architektur - und erfüllt strenge ökologische Kriterien.

HafenCity. Mangelndes Selbstbewusstsein war noch nie ein Problem dieses Nachrichtenmagazins: "Ein prachtweißes Kreuzfahrtschiff im ,Queen Mary'-Format liegt auf dem Trockenen und spiegelt seine spitze Bug-Nase im nahen Wasser - das ist ein erster Eindruck, den das neue ,Spiegel'-Domizil jedem bietet, der vom Vorplatz der Deichtorhallen hinüber auf die Ericusspitze blickt", dichtet der ehemalige "Spiegel"-Redakteur Mathias Schreiber im "Spiegel"-Buch "Das neue ,Spiegel'-Haus", das Gäste auf der Eröffnungsfeier desselben am 7. November überreicht bekommen werden.

Und was soll man sagen? Der Mann hat recht. Das neue "Spiegel"-Verlagshaus, ein weißer Glaskubus, der auf einem roten Backsteinsockel ruht, gehört zu den interessantesten Hamburger Neubauten der letzten Jahre. Das liegt nicht nur an der "Bug-Nase", sondern auch an einer großen verglasten quadratischen Auslassung an der Ostseite der Fassade, die den Eindruck erweckt, als würde sich ein riesiges Fenster zur Stadt hin öffnen.

Seinen ganz besonderen Reiz entfaltet das von dem dänischen Architekten Henning Larsen entworfene Haus, das nun der Presse vorgestellt wurde, aber in seinem Inneren. Wer es betritt, steht zunächst in einem großen lichtdurchfluteten Atrium. Das Licht strömt durch die verglaste Decke im 13. Stock. Die Etagen sind durch Glasaufzüge an der Nord- und Südseite und Brücken in luftiger Höhe des Atriums verbunden.

Eine Reminiszenz an die quietschbunte Kantine von Verner Panton im alten "Spiegel"-Haus an der Brandstwiete ist die Cafeteria im fünften Stock. Sie öffnet sich zur Stadt und zum Atrium und ist mit den Überbleibseln der Panton-Einrichtung dekoriert, die nicht dem Museum für Kunst und Gewerbe vermacht wurden.

Auch für die neue Kantine im Erdgeschoss hat man sich etwas einfallen lassen: Für sie verlegte das Stuttgarter Designbüro Ippolito Fleitz einen weißen Terrazzoboden, die Tische sind aus schwarzem Granit, und an der Decke hängen 4000 perforierte Aluminiumteller. Die gewellte Trennwand zur Küche ist aus "ondulierter, geweißter Eiche", wie Peter Ippolito bei einer Führung sagt. Über den Tischen hängen große gelbe Scheiben, an denen Lampen angebracht sind.

Stolz ist man beim "Spiegel", dass der Neubau strengsten ökologischen Kriterien gerecht wird. Dank der Nutzung von Erdwärme und dreifach verglasten Fensterscheiben benötigt das Haus weder eine herkömmliche Heizung noch eine Klimaanlage.

Der Bau bietet mit einer Bruttogeschossfläche von 30 000 Quadratmetern Platz für alle 1100 Mitarbeiter der Spiegel Gruppe. Sie waren bisher über die Stadt verteilt: "Spiegel Online" saß an der Willy-Brandt-Straße, "Spiegel TV" im Chile- und das ebenfalls zur Gruppe gehörende "Manager Magazin" im ehemaligen IBM-Haus. Die Dokumentation, die bisher in einem Anbau des alten "Spiegel"-Hauses untergebracht war, rückt näher an die Redaktion heran. So sitzen die Dokumentare und Redakteure, die für ein bestimmtes Themengebiet zuständig sind, auf einer Etage. So findet man beispielsweise die für Kultur verantwortlichen Dokumentare und das Kulturressort beide im neunten Stockwerk.

Im Erdgeschoss des Neubaus hat "Spiegel TV" ein hochmodernes Fernsehstudio. Und über allen, hoch oben im 13. Stock, thront Spiegel Online. Nur dort war Platz für den großen Newsroom, den das Nachrichtenportal benötigt. Hierarchische Ansprüche seien bei der Zuteilung der Etagen kein Kriterium gewesen, versichert "Spiegel"-Verlagsleiter Matthias Schmolz. "Spiegel"-Chefredakteur Georg Mascolo hat es immerhin auch so bis in den zwölften Stock geschafft. Der Blick aus seinem Bürofenster ist gigantisch: Er schweift vom Rathaus über die Katharinenkirche bis zur Elbphilharmonie. Meckern kann er da nicht.