Pflegen & Wohnen hatte den bisherigen Tarifvertrag gekündigt. Verhandlungen über neues Modell waren nach 20 Monaten abgebrochen worden.

Hamburg. Knapp 300 Angestellte von Pflegen & Wohnen haben gestern Vormittag von 6 und 10.30 Uhr für einen Tarifvertrag gestreikt. Damit beteiligte sich etwa ein Fünftel der Belegschaft von Hamburgs größter Pflegeeinrichtung an dem Arbeitsausstand. Die Grundversorgung der Heimbewohner wurde in dieser Zeit unter anderem durch den Einsatz von Auszubildenden sichergestellt. Pflegen & Wohnen hatte den bisherigen Tarifvertrag gekündigt. Verhandlungen über ein neues Modell waren nach 20 Monaten erfolglos abgebrochen worden.

"Wir sind zu strukturellen Veränderungen des alten Tarifs bereit, aber die Mitarbeiter dürfen keinen Einkommensnachteil haben", sagte Norbert Proske von Ver.di. "Bei den neuen Gehaltskonzepten der Geschäftsführung wäre das der Fall." Das einst städtische Unternehmen Pflegen & Wohnen will "Berufseinsteiger durch höhere Einstiegsgehälter gewinnen und die Gehälter flexibler an die wirtschaftliche Lage und die Leistung der Mitarbeiter koppeln", sagte Geschäftsführer Johannes Kamm dem Abendblatt. "Angestellte dürfen sich nicht länger ihr Gehalt ,ersitzen' dürfen."

Das alte System sei für Pflegen & Wohnen auf dem aktuellen Markt nicht mehr finanzierbar. Er beklagte außerdem die fehlende Diskussionsbereitschaft der Gewerkschaft. Künftig sollen nur noch Gespräche mit dem Betriebsrat stattfinden. Geschäftsführer Kamm reagierte auf den gestrigen Warnstreik betont gelassen. "Wenn unsere Mitarbeiter lieber auf der Straße rumstiefeln als zu arbeiten, sollen sie das machen", sagte er nach der Aktion. Rolf in der Stroth, Betriebsrat von Pflegen & Wohnen, forderte dagegen: "Die Geschäftsführung sollte spätestens jetzt aktiv werden. Jeder Streik erhöht die Spannungen in der Belegschaft, das ist schon jetzt zu spüren." Vor allem der Einsatz von Ausbildungskräften sorgt bei Norbert Proske von Ver.di für Entsetzen. "Auszubildende für den Notdienst einzusetzen ist inakzeptabel und gesetzwidrig", sagt er. "Wir überlegen, welche Konsequenzen wir daraus ziehen." Der Gewerkschafter machte klar, dass sie zu weiteren Arbeitsausständen aufrufen werden, sollte die Geschäftsführung nicht zu Gesprächen bereit sein.

Pflegen & Wohnen unterhält in Hamburg zwölf Standorte mit 1600 Beschäftigen. 2007 war das Unternehmen privatisiert worden, 2010 hatten die neuen Gesellschafter von wirtschaftlichen Problemen gesprochen.