Ein Kommentar von Peter Wenig

Am Ende eines langen Nachrichtentages war die Liste der Stimmen zum Rücktritt von Schalke-Trainer Ralf Rangnick länger als der Bericht selbst. Von DFB-Chef Theo Zwanziger über Bundestrainer Joachim Löw bis HSV-Interimstrainer Rodolfo Cardoso wünschte die gesamte Fußball-Prominenz rasche Genesung und lobte zugleich den Mut, die Erkrankung öffentlich zu machen.

Und in der Tat hat Rangnick ein richtiges Signal gesetzt. Er hat die Reißleine gezogen, als es ihm körperlich immer schlechter ging. Und er hat via Internet sein Innerstes preisgegeben, eingestanden, dass seine Kräfte nicht mehr reichen.

Die Frage bleibt, ob die Branche dieses Signal wahrnimmt - oder nach kurzer Betroffenheitspause wieder in den Alltagsmodus schaltet. Auffällig ist, dass sich gut zwei Jahre nach dem Selbstmord von Robert Enke nur wenige Bundesliga-Klubs einen fest angestellten Psychologen leisten. Der HSV gehört dank einer Initiative des früheren Vorstands Katja Kraus zu den wenigen rühmlichen Ausnahmen. Als ehemalige Nationaltorhüterin wusste sie, wie wichtig ein Fachmann für das Seelenleben in einem Geschäft ist, in dem Held und Depp mitunter nur ein Schuss, eine Parade trennt.

Spannend wird, was passiert, wenn Rangnick sich - hoffentlich bald - gesund zurückmeldet. Erhält er wieder eine Chance bei einem Top-Verein? Oder gilt er in der Macho-Branche als nicht mehr vermittelbar? Hier liegt die Wahrheit. Und nicht in noch so wohlgemeinten Worten.