Kreuzfahrer sind die größten Luftverschmutzer. Georg-Dieter Fehner will das mit schwimmenden Kraftwerken ändern. Seine Idee klingt plausibel.

Hamburg. Ruhig ist es hier im hinteren Teil des Hafens am Reiherstieg. Einige Enten lassen sich von der Strömung in dem schmalen Wilhelmsburger Elbarm treiben, hin und wieder nur tuckern kleinere Barkassen vorbei. Ein altes rotes Tankschiff hat am Anleger festgemacht, daneben eine Art Ponton mit großen weißen Tanks. "Port Power Barge" - also ein Kraftwerksschiff - steht auf dem Rumpf. "Das ist Moritz, unser neuer Prototyp", sagt Georg-Dieter Fehner. Der grauhaarige Nautiker eilt eine eiserne Treppe am Ufer hinunter und klemmt sich durch einen engen Durchgang in einen unteren Raum der Barge. Drei große grüne Motorblöcke stehen dort, Kanister mit einer hellgelben Flüssigkeit daneben. "Das ist Salatöl", erklärt Fehner. "Wir arbeiten noch damit, können aber auch Erdgas einsetzen."

Und damit könnte Fehner, der sonst im Hafen eine Flotte von Entsorgungs-Tankschiffen für Altöle oder auch Bilgenwasser betreibt, einen neuen Schwung in die schon jahrelange Debatte um gefährliche Schiffsabgase bringen. Seine Idee, die er jetzt auf dem Hafen-Umweltkongress Green Port in Hamburg vorstellte: Die Port Power Barge erzeugt nahezu abgasfrei mit Erdgas Strom und Wärme - und liefert sie mobil an große Seeschiffe.

Seit 2004 das erste Kreuzfahrt-Terminal in der HafenCity gebaut wurde, gibt es in der Hansestadt immer wieder Forderungen nach einer Landstrom-Versorgung von Schiffen. Denn die lassen auch während der Liegezeiten ihre Hilfsdiesel laufen, um Strom und Heizwärme zu erzeugen. Der im Vergleich zum Pkw-Diesel hundertfach schwefelhaltigere Treibstoff wird dabei nahezu ungefiltert in die Luft gepustet. Stickoxide und gesundheitsschädliche Rußpartikel sind dann das Problem.

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Doch alle Landstrom-Pläne mehrerer Senate verliefen bisher im Sande. Technisch sei eine solche Verbindung zwischen Kraftwerk an Land und dem Verbraucher auf dem Wasser wegen der Vielfalt der Anschlüsse auf Schiffen schwer umsetzbar und sehr teuer, hieß es immer wieder.

Die Idee von Fehner klingt hingegen plausibel. So plausibel jedenfalls, dass nach Abendblatt-Information auch ein anderes Hamburger Hafenunternehmen mittlerweile an einem ähnlichen Konzept arbeitet. Fehner hat allerdings vor Jahren schon ein Patent angemeldet, stieß bisher aber auf wenig Interesse, weil sich die Politik in Hamburg lange auf Landstrom festgelegt hatte. Doch eine Power Barge habe dem gegenüber viele Vorteile, weil sie eben mobil einsetzbar sei, sagt Fehner. Schwere Kabel müssten beispielsweise nicht umständlich mit Kränen zu Schiffen über Flutschutzmauern gehievt, sondern könnten direkt angedockt werden. Und: Zur Strom- und Wärmeerzeugung will Fehner Erdgas einsetzen - das er bei einer Raffinerie in Harburg beziehen könnte. Mittels einer Abgas-Ausnutzung will er zudem nicht nur Strom, sondern auch Wärme abliefern können. Bei dem Prozess könne nach einem vom ihm entwickelten Verfahren Wasserstoff erzeugt werden, der dem Erdgas beigemischt werden kann, um so eine nahezu abgasfreie Energieerzeugung zu ermöglichen. Etwa zehn Megawatt würde eine solche 70 Meter lange Barge liefern können - ausreichend für ein mittelgroßes Kreuzfahrtschiff. Gleichzeitig könnten die Bargen Fäkalien, Abfälle und Altöle von den Schiffen aufnehmen und aus dieser Kombination von Energielieferung und Entsorgung einen vergleichsweise günstigen Mixpreis anbieten, sagt er. Bei größerem Energiebedarf müsse einfach eine weitere Barge an dem Schiff anlegen. Anfangen würde Fehner mit den Kreuzfahrt-Terminals. Langfristig, so seine Vision, könnten aber 20, 30 solcher Bargen den Energiebedarf aller großen Seeschiffe im Hafen decken.

Doch bis dahin dürfte es noch ein weiter Weg sein. Gemeinsam mit der Wilhelmsburger Speditionsunternehmerin Bianca Sander hat Fehner zunächst das Unternehmen "Port Energy Logistic GmbH" gegründet, um die Idee weiter voranzutreiben. Billig ist sie aber nicht, gut 20 Millionen Euro würde eine erste große Erdgas-Power-Barge kosten, kalkulieren beide. Doch wenn der erste Schritt getan sei, sich die Anforderungen an die Luftqualität verschärfen, so sagen sie, dann werde ihr Prinzip Zukunft haben.

Tatsächlich drängt die Zeit für eine Lösung schon jetzt in Hamburg. Nicht nur, weil Umweltverbände das Thema immer häufiger, wie gerade mit der Kreuzfahrtschiff-Kampagne des Nabu, an die Öffentlichkeit bringen. Auch die EU fordert eine bessere Luftqualität in den Häfen, heißt es in der Hamburger Wirtschaftsbehörde "Wir müssen daher etwa tun", sagt Behördensprecherin Susanne Meinecke. Daher setze die Wirtschaftsbehörde mittlerweile nicht mehr allein auf Landstrom, sondern auf viele Möglichkeiten - auch auf eine mobile Power Barge. "Unsere Fachleute prüfen das, bis Ende des Jahres wollen wir Ergebnisse vorliegen haben", so die Behördensprecherin.