Hamburger Modeschmuckkonzern expandiert in Europa. Gründer Friedrich-Wilhelm Werner und sein Sohn Roland über ihre Pläne.

Hamburg. Diese Woche eröffnet die erste Bijou-Brigitte -Filiale in Rumänien ihre Türen. Damit hat sich die Glitzerwelt des Hamburger Modeschmuckkonzerns auf 20 Länder ausgebreitet.

Noch immer gehört das börsennotierte Unternehmen mehrheitlich dem Firmengründer Friedrich-Wilhelm Werner, der sich vor 47 Jahren das Geschäftsmodell des Filialhandels mit günstigem Modeschmuck ausgedacht und Bijou Brigitte zum europäischen Marktführer mit mehr als 3400 Beschäftigten und 390 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2009 gemacht hat.

Den Posten des Vorstandsvorsitzenden hat mittlerweile sein Sohn Roland übernommen. Ein Gespräch mit Vater und Sohn.

Hamburger Abendblatt: Herr Werner, Sie haben Ende 2008 die Geschäfte übernommen - genau zu Beginn der Wirtschaftskrise. War das eine weise Entscheidung?

Roland Werner: Die Übergabe des Führungsstabes war von langer Hand geplant, das hing nicht von den wirtschaftlichen Begebenheiten ab.

Haben Sie Ihrem Sohn die Geschäftsführung sofort zugetraut?

Friedrich-Wilhelm Werner: Wenn ich ihm das nicht zutrauen würde, hätte ich unsere Nachfolgeregelung so nicht gutgeheißen. Für mich war es das schönste Geschenk, als er vor acht Jahren sagte, er wolle jetzt bei mir arbeiten und einmal die Nachfolge übernehmen. Und für die Mitarbeiter ist es nur von Vorteil, dass wir den familiären Führungsstil beibehalten.

Wäre Ihre Tochter nicht auch gern eingestiegen?

Werner senior: Nein, sie hatte kein Interesse.

Ihr Sohn gilt ja eher als Technikfan denn als Modefreak ...

Werner junior: Das schließt sich ja nicht aus. Ich habe der Firma meinen eigenen Stempel aufgedrückt, indem ich zum Beispiel unsere Logistikprozesse optimiert habe. Das ist ein Steckenpferd von mir. Dabei war es mir sehr wichtig, selbst im Lager zu stehen und mit anzupacken - ein Praxistest vor Ort sozusagen. Ich habe auch mal in unseren Filialen Schmuck verkauft, um mir ein Bild von diesem Bereich machen zu können.

Hat sich Ihr Vater-Sohn-Verhältnis geändert, seit der Junior Chef ist?

Werner senior: Wir haben nach wie vor ein sehr vertrauensvolles Verhältnis.

Werner junior: Stimmt. Ich frage meinen Vater immer noch oft und gern um Rat. Es ist äußerst komfortabel, ihn als Berater in der Hinterhand zu haben. Schließlich hat er fast 50 Jahre Berufserfahrung.

Und wie genießen Sie Ihren Ruhestand?

Werner senior: Ach, der liegt noch in weiter Ferne. Wenn ich in Hamburg bin, fahre ich jeden Tag ins Büro. Ich bin aber auch viel auf Reisen - nicht nur privat, sondern auch geschäftlich. Zum Beispiel bin ich noch immer bei den Einkaufsreisen nach Fernost dabei. Ich will schließlich wissen, was an der Front passiert.

An der Absatzfront sinken die Umsätze, der Gewinn ist im ersten Halbjahr sogar um 21 Prozent geschrumpft. Wie wollen Sie gegensteuern?

Werner junior: Momentan ist die Lage vor allem der Immobilienkrise in Spanien und Portugal geschuldet. Die Standorte dort machen fast ein Drittel unseres Filialnetzes aus. Die gegenwärtige Situation ist für uns umso mehr ein Ansporn, besser als unsere Wettbewerber zu sein.

Wie wollen Sie wieder wachsen?

Werner junior: Ein Expansionsstopp wäre sicherlich genau das Falsche. Wir haben jetzt 1140 Filialen, insgesamt sehen wir in Europa ein Potenzial für 2000 Standorte. In Deutschland sind weitere 100 Filialen realistisch. Die Märkte in Italien, Frankreich und Großbritannien sind interessant für uns, aber selbst in Spanien eröffnen wir nach wie vor neue Läden. Wir nutzen die Zeit zur Filialoptimierung, schließen Läden, die nicht mehr gut laufen und eröffnen neue an besseren Standorten.

Wie läuft die Expansion in die USA?

Werner junior: Wir betreiben sechs Standorte in Florida und beobachten den US-amerikanischen Markt genau. Der Fokus liegt aber zurzeit auf dem europäischen Markt.

Mit Firmen wie der Kölner Beeline und Accessorize aus England haben Sie hier aber beinharte Konkurrenz.

Werner senior: Das ist nichts Neues für uns. In den 80er-Jahren hat sich einer meiner führenden Mitarbeiter mit einem Laden namens Bijou Catherine selbstständig gemacht und wollte innerhalb weniger Jahre genauso groß werden wie wir. Mit dieser Strategie ist er gescheitert, die Kette existiert nicht mehr.

Planen Sie demnächst die Übernahme eines Konkurrenten?

Werner senior: Sagen wir so: Wir haben eine gut gefüllte Kriegskasse und eine komfortable Eigenkapitalquote von mehr als 80 Prozent. Wir sind für die Expansion also nicht auf Banken angewiesen. Trotzdem ist es schwierig, Konkurrenten zu übernehmen. Wenn uns deutsche Firmen angeboten werden, gibt es meistens so viele Überschneidungen mit unseren Standorten, dass eine Übernahme keinen Sinn machen würde.

Werden Ihre Produkte alle hier im Haus entworfen?

Werner senior: Nein, die Designer sitzen in Fernost, wo die Ware produziert wird. Wir geben Anregungen, machen Zeichnungen, und in Asien werden dann Muster entworfen. Was wir kaufen, wird speziell für uns produziert. 70 Prozent unserer Ware sind exklusiv, 30 Prozent sind Handelsware.

Wie stellen Sie sicher, dass die Arbeitsbedingungen bei Ihren asiatischen Produzenten akzeptabel sind?

Werner senior: Wir verkaufen ein Produkt, bei dem die Fabrikanten mit guten Handelsspannen arbeiten. Ich habe unsere Fabriken in China schon oft besucht. Die Produktionsbedingungen sind teils modern, teils etwas altertümlich. Früher habe ich allerdings einmal gesehen, wie Edelsteine ohne jene Schutzvorrichtungen geschliffen wurden, die wir in Deutschland kennen. Da hatte ich doch Angst, dass mal ein Finger abgesägt wird.

Wollen Sie am Standort Hamburg weitere Arbeitsplätze schaffen?

Werner junior: Durch die Expansion und den Ausbau der Betriebsfläche um 7500 Quadratmeter werden wir in Hamburg etwa 20 neue Stellen schaffen. Mittlerweile beschäftigen wir in der Konzernzentrale in Poppenbüttel 550 Mitarbeiter.

Verprassen Sie als Firmengründer denn auch mal die Früchte Ihrer Arbeit?

Werner senior: Ich lebe gern, gönne mir aber bis auf mein Boot keinen großen Luxus. Einen Teil des Vermögens setze ich für wohltätige Zwecke ein, etwa für die Friedrich-Wilhelm-und-Brigitte-Werner-Stiftung oder ein SOS Kinderdorf. Die Stiftung engagiert sich unter anderem in Brasilien für ein Projekt, in dem benachteiligte Kinder aus den Favelas betreut und unterrichtet werden.

Wie beliebt ist Ihr Schmuck im Familienkreis?

Werner senior: Ich bringe meiner Frau Brigitte oft einen hübschen Artikel mit. Oder wir gehen zusammen in eine Filiale und suchen etwas aus. Sie kombiniert ihren echten Schmuck gern mit unserem Modeschmuck. Den halten Bekannte an ihr immer für echt - auch wenn es so große Brillanten gar nicht gibt. Meine Frau leiht der Kette also immer noch sehr gern ihren Namen.

Werden Sie denn öfter mal von Bekannten gebeten, die eine oder andere Kette mitzubringen?

Werner senior: Nein, unsere Artikel sind so preiswert, die kann sich jeder leisten.

Wirklich? Wie viel Umsatz geht Ihnen durch Ladendiebstahl verloren?

Werner junior: Bittere zehn Prozent. Daran hat die Wirtschaftskrise nichts geändert. Am meisten wird in Spanien geklaut.

Und am wenigsten?

Werner junior: In Polen.