Nicht nur die Krise macht Bijou Brigitte zu schaffen. Europäische Konkurrenten kopieren das Erfolgsrezept des Hamburger Schmuckunternehmens.

Hamburg. Die Verführung lauert überall. Mädchenaugen glitzern, wenn sie auf Ketten, Armbänder und Ohrringe blicken, die an voll beladenen Schmuckständern hängen. Sie können dem Blinken und Funkeln in der Hamburger Innenstadt kaum entkommen: Immer mehr Ketten bauen ihre Filialnetze aus, verwandeln die Einkaufszonen in ein Mekka für modischen Schmuck zu kleinen Preisen.

Für den Erfinder dieses Erfolgskonzepts, das Hamburger Unternehmen Bijou Brigitte, ist das kein Grund zur Freude. Zwar ist der Schmuckhändler nach wie vor europäischer Marktführer, die Umsätze sind auch im vergangenen Jahr gewachsen. Allerdings nur dank der 40 zusätzlichen Läden. Flächenbereinigt, also ohne die neuen Standorte, sank der Umsatz hingegen um 3,5 Prozent. Auch die Gewinne waren rückläufig. "Vor allem die Lage in Spanien, unserem zweitgrößten Absatzmarkt, blieb das gesamte Jahr hindurch angespannt", sagte Vorstandschef Roland Werner am Donnerstag. Die Wirtschaftskrise habe auch bei Bijou Brigitte Spuren hinterlassen.

Zudem haben mittlerweile andere erfolgreiche Ketten aus europäischen Nachbarländern den deutschen Markt im Visier. Hochwertigeren Modeschmuck bieten die dänischen Designer Pilgrim und Pandora, die ihre Filialnetze kräftig ausbauen und sich in Hamburg etwa in der Europapassage niedergelassen haben. Auch die britische Kette Accessorize, in England mit 250 Läden der Marktführer bei Modeschmuck, hat Deutschland für sich entdeckt. "Dieser Markt hat dank der zahlreichen größeren Städte ein ungeheures Potenzial", sagt Christoph Gross, Deutschlandchef von Accessorize. Dass das Unternehmen erst 2007 die erste Filiale in Düsseldorf eröffnete, erklärt er mit einem gewissen Respekt vor der Konkurrenz im deutschen Einzelhandel. Die Schüchternheit hat der britische Marktführer schnell abgelegt. Seit 2007 wurde das Filialnetz in Deutschland auf 19 Läden erweitert, bis zu 25 neue Geschäfte sollen jährlich hinzukommen. Die Expansion geht Schlag auf Schlag: Gestern eröffnete Accessorize in Frankfurt, nächste Woche in Wiesbaden und Hannover. Auch in Hamburg würde Gross gern weitere Läden zu den beiden an Mönckeberg- und Gerhofstraße mieten. "Ich höre mich ständig um, aber es ist wirklich schwer, gute Lagen zu bekommen."

Am dichtesten schließt der deutsche Konkurrent Beeline zu Bijou Brigitte auf - sowohl räumlich als auch in Bezug auf die Umsätze. Der Kölner Unternehmer Ulrich Beckmann, der seit 1990 Modeschmuck der Marken Six und I Am verkauft, hat im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben rund 350 Millionen Euro Umsatz gemacht und damit den Abstand zum Marktführer verringert. Mit einem Filialnetz von 280 Läden in Europa kann Beeline zwar bei Weitem nicht mit den 1125 Filialen von Bijou Brigitte konkurrieren - den größten Teil der Umsätze generiert die Kette aber über die knapp 10 000 Verkaufsflächen in Kaufhäusern und bei Juwelieren.

Und die Expansionspläne sind auch hier ehrgeizig. "Wir wollen in diesem Jahr mindestens 30 neue Läden eröffnen", sagt Beeline-Sprecherin Agnes Pakowski. Erst diese Woche hat die Kette ihr fünftes Hamburger Geschäft in unmittelbarer Nähe eines Bijou-Brigitte-Ladens im Einkaufszentrum Hamburger Meile eröffnet, Anfang April dasselbe Szenario an der Spitalerstraße. Dass die Konkurrenz näher kommt, wundert Experten nicht. "Über Jahrzehnte war Bijou Brigitte eine absolute Erfolgsstory", sagt Haspa-Analyst Christan Hamann. "Es hat lange gedauert, bis auch andere gesehen haben, wie viel Geld man mit Modeschmuck verdienen kann." Grund seien die hohen Bruttomargen von bis zu 80 Prozent. Angesichts des starken Konkurrenzkampfs um geeignete Flächen mit hoher Frequenz hält Hamann es für sinnvoll, dass auch Bijou Brigitte andere Vertriebswege etwa über Kaufhäuser ausgebaut hat.

Auch der Hamburger Einzelhandelsverband begrüßt die neue Konkurrenzsituation. "Der Wettbewerb geht zum Vorteil des Kunden", sagt Geschäftsführer Ulf Kalkmann. Mit Bijou Brigitte als Marktführer habe es nahezu eine Monokultur gegeben. "Jetzt nehmen immer mehr Geschäfte Modeschmuck in ihre Sortimente auf - wir begrüßen diese Vielfalt."

So will Bijou Brigitte auch mehr Vielfalt ins Ausland bringen. Ein angenehmer Nebeneffekt der Wirtschaftskrise: Die in vielen Ländern exorbitanten Mietpreise sind gesunken. "2010 planen wir insgesamt 65 Filialeröffnungen", sagt Unternehmenschef Werner. Die erste Filiale der bulgarischen Tochter hat im März ihre glitzernden Schmuckständer präsentiert. Und seit dem vergangenen Jahr können sich slowakische, litauische und türkische Frauen in ihrer Heimat mit Modeschmuck aus Hamburg eindecken. Auch hier will die Konkurrenz mitziehen: Die Schmuckmarke I Am von Beeline will sich ebenfalls so rasch wie möglich in der Türkei niederlassen.