Ein Kommentar von Alexander Laux

Joachim Löw ist ein Bundestrainer, dem der Charakter einer Mannschaft wichtig ist und der viel Wert auf die persönliche Entwicklung seiner Spieler legt. Mündige, verantwortungsbewusste Fußballer, die sich positiv an internen Prozessen beteiligen, so lautet seine Idealvorstellung. Umso mehr wird es Löw in diesen Tagen schmerzen, dass ihm mit Philipp Lahm ein Vorzeige-Nationalspieler verlustig gegangen ist.

Der Profi des FC Bayern feilte bereits früher mit wohlkalkulierten Aktionen an seinem Profil, seinem Image. Die 50 000 Euro Strafe, die ihm sein Verein nach einem van-Gaal-kritischen Interview aufbrummte, konnte er leicht verschmerzen angesichts der deutschlandweit erzeugten Aufmerksamkeit. Der kleine Lahm ganz groß, als Chefanalytiker in einer fast staatsmännischen Rolle, das gefiel dem 27-Jährigen, der sowohl bei den Bayern als auch im deutschen Team aktiv für sich als Kapitän warb.

War es leichtsinnig oder naiv, sein Buch so aggressiv zu vermarkten? Jedenfalls bezog Lahm reichlich Prügel und wird sich in Zukunft jeden Schritt genau überlegen. Der Kapitän der DFB-Auswahl ist eine "lame duck", eine lahme Ente. Mit diesem Begriff werden in der Politik Menschen bezeichnet, die noch ihr Amt bekleiden, obwohl ihr Abschied bereits feststeht und sie keine Macht mehr haben. Sicher, der Abgang Lahms ist noch nicht beschlossene Sache, aber der Vergleich passt dennoch. Die Binde trägt er nur auf Bewährung. Das wird ihn auf dem Platz behindern und lässt den DFB führungsloser werden.