Obwohl die Fährstation Elbphilharmonie bereits fertig und anfahrbar ist, werden hier erst ab Dezember 2012 Linienschiffe anlegen.

Hafencity. Alles ist fertig. Die Sitzbänke sind aufgebaut und Laternen montiert, das Haltestellenschild ist angebracht. Trotzdem fahren den neu gebauten Anleger Elbphilharmonie bisher keine Fähren der Hadag Seetouristik und Fährdienst AG an - und das wird voraussichtlich auch noch weit mehr als ein Jahr so bleiben. Denn obwohl der Anleger theoretisch bereits anfahrbar ist, wird er praktisch erst ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2012 bedient werden.

Die Hadag-Fährlinien sind Teil des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) und können daher mit einem üblichen Bus- und Bahnticket genutzt werden. Aber nicht nur Pendler schippern regelmäßig mit den Fähren über die Elbe, auch viele Hamburger und Touristen haben die Hadag-Schiffe als kostengünstige Alternative zur klassischen Hafenrundfahrt entdeckt - über das lange Himmelfahrtswochenende wird der Andrang wieder groß sein. Besonders Nicht-Hamburger, die während ihres Aufenthaltts die Baustelle und Umgebung des neuen Stadtwahrzeichens Elbphilharmonie besichtigen wollen, wird der verwaiste Anleger verwirren.

"Die Linienfähren sind vorrangig für den öffentlichen Verkehr gedacht und nicht für Touristen", sagt Hadag-Vorstand Gabriele Müller-Remer. Und da die Elbphilharmonie und ein Großteil der direkt nebenan liegenden Gebäude noch nicht fertiggestellt seien, gebe es auch keinen Grund, Pendlern und Konzertbesuchern den Zugang über den Seeweg zu ermöglichen. Hinzu komme, dass das Anfahren des neuen Anlegers mit Kosten verbunden sei, die auch aus öffentlichen Mitteln gedeckt würden. "Die Verkehrsbehörde muss in solchen Fällen immer die entsprechenden Gelder zur Verfügung stellen", sagt Müller-Remer. Deshalb wird der Hadag-Anleger Elbphilharmonie erst ab Dezember 2012 angefahren - obwohl das Konzerthaus sogar erst 2014 eröffnet werden soll. Bis dahin bleibt er ungenutzt.

"Dies hat wirtschaftliche Gründe", heißt es aus der Verkehrsbehörde. Denn für den Anleger soll extra eine neue Fährlinie eingerichtet werden. Dies ist mit Mehrkosten von 400 000 Euro im Jahr verbunden. Die Linie 62 beginnt dann an den Landungsbrücken und nicht mehr am Sandtorhöft. Dieser Anleger wird komplett dichtgemacht. Dafür wird die neue Linie 72 eingerichtet, die über die Station Arningstraße die Landungsbrücken mit dem Anleger Elbphilharmonie verbindet. In der Politik trifft dieses Vorgehen auf unterschiedliche Reaktionen. Jan Balcke, Wirtschaftsexperte der SPD, findet die Argumentation gegen eine frühere Nutzung des Anlegers schlüssig.

"Alles andere wäre übertriebener Aktionismus, der in keinem Verhältnis zu den Kosten steht", sagt er. "Zumal wir an allen Ecken und Enden sparen müssen." Außerdem sei es für Touristen zumutbar, die Haltestelle Sandtorhöft als Zugang zur HafenCity zu nutzen. Till Steffen (GAL) stimmt dem zu. "Da viele Touristen eh etwas mehr von der HafenCity sehen wollen, ist der Weg vom Sandtorhöft zur Elbphilharmonie doch eine gute Gelegenheit dafür", sagt er. "Bei so hohen Kosten muss man einfach überlegen, ob sich das lohnt."

Olaf Ohlsen, Fachmann für das Thema Hafen bei der CDU, sieht das anders. "Soweit das gefahrlos möglich ist, sollte der Anleger frei gemacht werden", sagt er. Schließlich sei das eine Attraktivitätssteigerung für den Hafen. Auch Norbert Hackbusch, Elbphilharmonie-Experte der Linken, kann das Zögern nicht verstehen. "Ich frage mich schon grundlegend, warum es nicht möglich ist, die Linie 62 statt zum Sandtorhöft einfach zum Anleger Elbphilharmonie fahren zu lassen", sagt er. "Aber die Anbindung der Elbphilharmonie an die öffentlichen Verkehrsmittel ist eh eine sehr skurrile Sache."