Ein Kommentar von Nico Binde

Wenn eine Stadt wie Hamburg 6000 neue Wohnungen pro Jahr bauen und fast zeitgleich ein Gesetz zur Bekämpfung des Leerstands verabschieden möchte, kann man eigentlich nur applaudierend "Bravo, Hamburg!" rufen.

Wenn diese Stadt aber analog dazu mit Teilen ihres eigenen Immobilienbestands so nachlässig umgeht wie mit der Stadtvilla am Bahrenfelder Marktplatz, sind Jubelarien fehl am Platz. Das großzügige Haus, ausgestattet mit Holzparkett, solider Bausubstanz und einem spielplatztauglichen Grundstück, könnte zumindest drei Familien mit Vergrößerungsbedarf den Umzug ins Umland ersparen. Bei weit mehr als 100 Quadratmeter Wohnfläche dürfte es selbst mäßig begabten Maklern binnen Stunden gelingen, die innenstadtnahen Mehrzimmerwohnungen zu vermitteln.

Doch die Finanzbehörde hat andere Pläne. Nachdem das Haus vor Jahren gekauft, an ehemalige Bauwagenbewohner vermittelt und nun sich selbst überlassen wurde, lautet ihre kreativste Lösung: Abriss. Angeblich, weil eine wirtschaftliche Instandsetzung mit 780 000 Euro ausgeschlossen ist, womöglich auch, weil die Villa dem A-7-Deckel nicht im Weg stehen soll.

Der Senat macht mit diesem Beispiel nicht nur seine Wohnungsbaupolitik unglaubwürdig. Er misst auch mit zweierlei Maß. Denn es ist schlicht inakzeptabel, Privateigentümer zwingen zu wollen, leer stehende Wohnungen zu vermieten, während stadteigene Gebäude zu unbewohnbaren Baracken verkommen dürfen. Vor diesem Hintergrund wirkt die einst ansehnliche Villa in Bahrenfeld wie ein absurd schöner Fehler im System.