Hamburgs Werft Blohm + Voss muss überleben

Es wird eng für Blohm + Voss. Eigentlich sollte Deutschlands bekannteste Werft längst einen neuen Eigentümer haben, der sie in eine bessere Zukunft führt. Doch der Interessent aus Abu Dhabi ist abgesprungen. Wie geht es nun weiter mit dem mehr als 130 Jahre alten Schiffbauunternehmen? Die Frage kann derzeit nicht einmal der Noch-Eigentümer ThyssenKrupp beantworten. 1900 Beschäftigte bangen um ihre Jobs, davon allein 1700 in Hamburg. Auf den ersten Blick eine traurige Unternehmensgeschichte. Doch Blohm + Voss ist mehr als ein Unternehmen. Die Werft ist ein Stück deutsche Geschichte - und ein Teil Hamburgs.

Sicherlich lässt sich mit Sentimentalitäten in einem Industriebetrieb kein Geld verdienen. Und niemand sollte verdrängen, dass die Werft ihre ökonomische "Blüte" als wichtiger Lieferant für das Militär vor und während der beiden Weltkriege erlebte. Eine Zeit, die sich niemand ernsthaft zurückwünschen kann. Dennoch gehört der Schiffbau zu Hamburg, er darf nicht vollständig untergehen. Die Liste der abgewickelten Werften in der Stadt ist lang genug. Asiatische Billigkonkurrenz hat diesen Wirtschaftszweig von wenigen Ausnahmen abgesehen bereits in die Knie gezwungen. Aber Blohm + Voss? Für einen Hamburger undenkbar. Noch haben die Schiffbauer im Hafen eine Chance. Es gibt bereits Gespräche mit einem Interessenten für den Yachtbau, und den militärischen Bereich will ThyssenKrupp offensichtlich in Eigenregie weiterführen. Verhandlungsgeschick und Verantwortungsgefühl sind nun gefragt.

Hamburg hat gut daran getan, in den vergangenen Jahrzehnten nicht zu einseitig auf den maritimen Sektor zu setzen. Die Wirtschaft der Stadt steht längst auf mehreren starken Standbeinen, ist gut gerüstet für die Herausforderungen der Zukunft. Die Luftfahrt mit Airbus sichert Zehntausende Industriejobs, der Handel mit dem Hafen, Gastronomiebetrieben und Hotels ist das starke Rückgrat für den Dienstleistungssektor, und auch die Erfolgsgeschichten der jungen Internetfirmen machen Mut. Die Zahl der Arbeitslosen wird bald unter 70 000 sinken, die Prognosen für das Wirtschaftswachstum sind positiv.

Doch beim Weg in die Moderne darf die Tradition nicht auf der Strecke bleiben. Wohl kein anderes Unternehmen der Stadt steht so für Tradition wie Blohm + Voss. Die im Jahr 1877 gegründete Werft muss mitgenommen werden - in Hamburgs Zukunft.