Ein Kommentar von Andreas Dey

Es gibt kaum einen schlimmeren Vorwurf als den, für den Tod eines Kindes verantwortlich zu sein. Politiker, Verwaltungsbeamte und Sozialarbeiter scheuen ihn ebenso wie jeder andere Bürger auch. Insofern ist es auch menschlich nachvollziehbar, dass nach aufsehenerregenden Fällen wie dem Tod von Jessica und Lara-Mia die Behörden nahezu jede beantragte Hilfe für Familien bewilligt haben.

Allerdings hat der Ansatz, mit immer mehr Geld ein mulmiges Gefühl im Bauch zu bekämpfen, auch Grenzen. Allein seit 2005 sind die Ausgaben im Bereich "Hilfen zur Erziehung" um gut 40 Prozent gestiegen. Dabei sind sich die meisten Experten einig, dass sich schreckliche Einzelfälle wie die in Hamburg auch durch ein noch so gutes Hilfesystem nie ganz verhindern lassen. Insofern ist es richtig, dass sich auch der aktuelle Senat Gedanken über Alternativen macht. Dass er nicht klipp und klar sagt, dass es langfristig auch um eine Kostensenkung geht, ist politisch verständlich - es würde bei jedem neuen Fall, in dem ein Kind zu Schaden kommt, auf ihn zurückfallen.

Offensiv sollte hingegen das Thema Früherkennungsuntersuchungen für Kinder angepackt werden, die in Hamburg immer noch nicht verpflichtend sind. Stattdessen wird versucht, die wenigen Eltern, die nicht aus eigenem Antrieb zum Arzt gehen, mit warmen Worten zu erreichen. Wer aber glaubt, Eltern wie die von Jessica mit einer Kampagne unter dem Motto "Ene mene Muh, hey ich will zur U" erreichen zu können, ist blauäugig. Da muss schon etwas mehr Zwang her.