Peter Brownbill ist von Geburt an kleinwüchsig, misst 1,20 Meter. Das hindert ihn jedoch nicht daran, Berufe auszuüben, die ihm keiner zutraut.

Hamburg. Es dröhnt und wummert auf St. Pauli. Die Bassschläge erschüttern den Boden, als kündige sich ein Erdbeben an. Die Reeperbahn vor zwei Wochen. Vor dem Klub Moondoo steht Peter Brownbill, der wahrscheinlich kleinste Türsteher der Welt. Er misst 1,20 Meter, wiegt 45 Kilogramm und trägt ein schwarzes Sakko, darunter ein weißes Hemd. "Heute wird das leider nichts", sagt Peter Brownbill zu einem Gast und lächelt. Türsteher können freundliche Menschen sein - zumindest wenn sie klein sind.

Eine Woche später hat Peter Brownbill seine Arbeit als Türsteher verloren. Brownbill ist wieder auf Jobsuche. Der 43-Jährige ist von Geburt an kleinwüchsig. Der Weg war lang bis zu dem Zeitpunkt, als er beschloss, sein Anderssein zu seinem Kapital zu machen, ja zu seinem unique selling point, seinem Alleinstellungsmerkmal. Er sucht sich ausgerechnet Berufe aus, die ihm keiner zutraut. Er hat nicht nur als Türsteher gearbeitet, sondern ist auch Schauspieler. Brownbill ist der Beweis dafür, dass eine Behinderung sogar hilfreich sein kann für eine Karriere. Wie er sich durchsetzt, etwa als Türsteher? "Sei freundlich zu den Leuten, dann sind sie freundlich zu dir", sagt er. Und er ergänzt: "Für jemanden wie mich steht die Welt nicht einfach so offen, ich musste sie mir selbst erobern." Bevor er beim Moondoo arbeitete, stand er drei Jahre im Queen Calavera vor der Tür, einer Burlesque-Bar gegenüber vom Eingang zur Herbertstraße.

Er erinnert sich noch genau an damals, als er sechs Jahre alt war und mit den Nachbarskindern Fangen spielte. "Ich hatte keine Chance, weil alle schneller waren als ich." Erst mit zwei Jahren konnte er überhaupt laufen. Er wuchs in Dortmund auf mit zwei älteren Schwestern, der Vater war Kraftfahrer, die Mutter Schneiderin.

Als nach der Schule die Berufswahl anstand, sah sich Brownbill in seinen Möglichkeiten begrenzt: "Bank oder Versicherung ging schon mal nicht. Oder wer hätte einen wie mich an den Schalter gesetzt?" Schließlich machte er bei der Stadt Dortmund eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten. Er habe sich verstecken wollen, einen Job gesucht, bei dem er mit anderen Menschen vor allem am Telefon kommuniziert. Erst vor ein paar Jahren schlich sich langsam der Gedanke an, aus seiner Größe etwas Größeres zu machen. "Das erfordert Mut, aber ich habe mir schnell ein wenig Selbstbewusstsein erarbeitet. Ich wollte das einfach."

Peter Brownbills erste Rolle als Schauspieler war am Züricher Theater der Künste, er spielte den Hausmeister einer Müllkippe. "Da war ich nur Deko", sagt er. Auf Arte sah man ihn 2010 im Dokumentarfilm "Das Geheimnis der Zwerge", dann als Gangster im Kinofilm "Jerry Cotton" zusammen mit Christian Tramitz, Heino Ferch und Moritz Bleibtreu. Aktuell ist er in einer Nebenrolle im Streifen "Wer ist Hanna?" zu sehen. Er sei Realist, sagt Brownbill, "es ist ein Experiment". Einer wie er darf Grimassen schneiden, sich peinlich machen, aber nicht den Romeo spielen.

Brownbill wohnt in der Nähe von Emden in einem Bungalow aus Ziegelsteinen. Eine schwarze Ledercouch, ein Flachbildfernseher, ein Esstisch - ganz normal hohe Möbel stehen im Wohnzimmer, er mag kein Interieur für Kleinwüchsige. Will er sich etwas aus einem hohen Regal holen, steigt er auf einen Hocker. "Und ein normales Bett ist für mich eine riesige Spielwiese." Vor 17 Jahren lernte Peter Anke kennen, die beiden hatten gemeinsame Freunde und verliebten sich. Anke ist normal groß. "Ich wollte nie eine kleinwüchsige Frau haben", sagt Brownbill bestimmt. Kleinwüchsigkeit beruht auf einem Gendefekt, es gibt mehrere Formen und sie ist vererbbar. Trotzdem entschied sich das Paar für Nachwuchs. Sie bekamen einen Sohn, der heute mit 15 Jahren 1,70 Meter misst.

Brownbill lässt sich von nichts mehr einschüchtern. Jetzt, wo der Türsteherjob weg ist, hat er eine neue Geschäftsidee. Er hat sich ein Kostüm mit Maske anfertigen lassen: von Yedi-Ritter Yoda aus den "Star Wars"-Filmen. In dem Aufzug will er in Hamburger Diskotheken auftreten und auf Kindergeburtstagen. Als er selbst noch Kind war, hatte er mal nachts einen Traum: Ein Ufo landet auf der Erde, es steigen viele vier Meter große Aliens aus und er ist nur noch ein Zwerg unter vielen. Heute würde er das nicht mehr träumen.