Schaukeln war gestern. Wer heute in sein will, braucht ein Trampolin. Das bietet viele Möglichkeiten, ist aber auch mit Vorsicht zu genießen.

Hamburg. Der Garten ist das Reich von Johan, 6, und Henri, 4. Ein kleiner Swimmingpool, ein Sandkasten und ein Plastikspielhaus mit zugehöriger Rutsche reihen sich aneinander. Das absolute Lieblingsspielzeug der beiden Energiebündel steht allerdings in der Ecke des grün bewachsenen Grundstücks in Ellerbek - ein Trampolin. Keine Seltenheit: "Hier in der Gegend haben die meisten Familien eins im Garten stehen", sagt die Mutter der beiden. Sie hat es sich auf der Terrasse gemütlich gemacht und sieht ihren Söhnen zufrieden beim Spielen zu. Aber nicht nur am Stadtrand, sondern überall in Hamburg werden ständige neue Gartentrampoline gesichtet. Hüpfen liegt nämlich voll im Trend. Allerdings sind dabei einige Regeln zu beachten.

"Der häufigste Grund für Unfälle mit Gartentrampolinen ist ihre unsachgemäße Benutzung", sagt Dr. Dirk Sommerfeldt, leitender Arzt der Unfallchirurgie im Altonaer Kinderkrankenhaus. Und Unfälle gebe es genügend. An Wochenenden kommen derzeit bis zu 20 Kinder pro Tag in die Altonaer Notaufnahme. Meist haben die Patienten Verletzungen an den Sprunggelenken, Brüche und schwere Gehirnerschütterungen. Auch Wirbelsäulenverletzungen gibt es. "Ich bin aber nicht prinzipiell gegen diese Geräte, sie sollten nur richtig genutzt werden", sagt der Arzt.

"Es gibt drei Standardfehler, die immer wieder gemacht werden: kein Sicherheitsnetz, mehrere Kinder auf einmal auf dem Trampolin und zu erschöpfte Kinder springen zu lassen", so Dr. Sommerfeldt. Wenn alle drei Punkte zusammenkämen, sei ein Unfall fast programmiert. Besonders Kinder, die unterschiedlich schwer sind und wegen ihres jeweiligen Alters auch noch unterschiedliche Fähigkeiten haben, sollten nicht gemeinsam springen. "Da kann der schwerere Bruder die kleine Schwester schon mal unkontrolliert zur Seite katapultieren - und wenn dann noch das Netz fehlt ...", sagt der Kinderchirurg. Auch etwa nach dem Abendbrot sehr satte oder müde Kinder sollten nicht unbedingt auf dem Trampolin hüpfen, da es dann an Konzentration und an Reflexen mangelt. "Das ist der gravierendste und am leichtesten zu vermeidende Unfallauslöser." Außerdem sollten die jungen Hüpfer eine gewisse Sportlichkeit haben und von ihren Eltern nicht ohne Erklärung an das Gerät herangelassen werden - Aufsicht sollte also besonders am Anfang sein. Und bei allem Spaß: Auch die Übungen, die auf dem Trampolin gemacht werden können, sind sehr von den Fähigkeiten des jeweiligen Kindes abhängig. "Wer unbedingt ausgefallene Figuren machen will, sollte in den Sportverein gehen", sagt Dr. Sommerfeldt.

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Das wilde Rumgehopse hat allerdings auch positive Aspekte, wie Kinderphysiotherapeutin Kirsten Bartels, 45, weiß: "Die Trampolinnutzung steigert den Muskeltonus, also die Spannung in den Muskeln, kräftigt und schult Gleichgewichts- und Koordinationssinn." Es können sogar Kleinkinder von einem solchen Gerät profitieren, wenn sie einfach nur auf dem Sprungtuch sitzen und ein Erwachsener vorsichtig darauf herumläuft. "So kommen die Kleinen mal sprichwörtlich aus dem Gleichgewicht und müssen sich wieder stabilisieren", erklärt Bartels. Nur übertreiben dürfe man es nicht. Denn je angestrengter ein Kind ist, umso weniger konzentriert ist es - und das Unfallrisiko steigt. Die Therapeutin empfiehlt zu Beginn maximal fünf bis zehn Minuten Springen am Stück. Sie ist selbst Mutter zweier Kinder und überzeugt von dem Gerät. "Spätestens nächsten Sommer werden wir auch eins haben", sagt sie.

Ihre Kollegin, Physiotherapeutin Hanna Schilling, hat sogar ein Trampolin in ihrer Praxis stehen. Trotzdem sieht sie es kritisch, wenn das Sprunggerät als Spielzeug genutzt wird. "Das ist einfach nicht kindgerecht", sagt sie. "Kinder brauchen beim Spielen Bewegung, geknüpft an einen Erfahrungswert, und der ist beim bloßem Auf- und Abspringen recht gering." Deswegen verliere das Kind auch schnell das Interesse an dem Gerät. Schilling hat aber einen ganz anderen Tipp: Die Erwachsenen sollten sich hin und wieder mal selbst auf das Trampolin stellen. Denn je älter der Mensch wird, umso mehr sitzt er, und das schadet dem Gleichgewichtssinn. Auch brauchen die Knochen derartige Belastungen, um robust zu bleiben.

+++Für alle Hüpfer: Was ist zu beachten?+++

Aber nicht nur bei der Nutzung, sondern schon beim Kauf gibt es einiges zu beachten. "Das Wichtigste ist die Stabilität", sagt Norbert Segerath, 63, TÜV-Sachverständiger für Sport- und Spielgeräte. So sollten die tragenden Teile gut gefertigt sein, Gewichts- und Größenbeschränkungen beachtet werden, und die Sprungfedern müssen durch eine gut gepolsterte Abdeckung geschützt sein, sodass man sich daran nicht verletzen kann. Außerdem ist eine sachgemäße Wartung wichtig. "Fehlende Federn und rissige Tücher müssen ersetzt werden." Auch sollte das gekaufte Gerät ein GS-Zeichen (geprüfte Sicherheit) haben. Johan und Henri müssen sich über so etwas keine Gedanken machen. "Wir bauen das Gerät in jedem Frühling neu auf und prüfen alles", sagt ihre Mutter. Und zur Sicherheit testen die Eltern das Trampolin zunächst selbst - reine Pflicht. "Na ja, Spaß macht es auch."