Mit der Technologie lässt sich viel Kerosin sparen. Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch lobt Beitrag von Airbus für die Umwelt.

Hamburg. Wohl kein Unbeteiligter käme auf die Idee, dass hinter den Toren der unscheinbaren Halle inmitten eines Gewerbegebiets nahe der Elbe, zwischen einem Gebrauchtwagenhändler und einem Bootsreparaturbetrieb, an der Zukunft des Fliegens gearbeitet wird. Doch die Brennstoffzellen-Technologie, die Hamburger Experten hier auf der Finkenwerder Rüschhalbinsel entwickeln, soll die Airbus-Flugzeuge der nächsten Generation wesentlich umweltverträglicher machen.

Es geht vor allem um den Ersatz der bisher mit Kerosin betriebenen Hilfsturbine im Flugzeugheck, die am Boden die Energie für die Klimaanlage und die Bordelektronik bereitstellt. Im Nachfolger der aktuellen A320-Baureihe, der voraussichtlich um die Mitte des nächsten Jahrzehnts auf den Markt kommt, soll stattdessen ein Aggregat eingebaut werden, das Strom aus Wasserstoff und Sauerstoff erzeugt.

"Weil die von uns entwickelte multifunktionale Brennstoffzelle etliche Aufgaben an Bord übernehmen kann, für die man heute separate Anlagen nutzt, werden wir ein deutlich leichteres, wirtschaftlicheres Flugzeug anbieten können", sagt Michael F. Enzinger, Programmleiter bei Airbus für die Brennstoffzelle, im Gespräch mit dem Abendblatt. Bei der Verbrennung entsteht Wärmeenergie, die der Enteisung der Tragflächen dient, und Wasser, das für die Toiletten ohnehin benötigt wird.

Somit können auch Fahrzeuge, die den Jet nach der Landung mit neuem Wasser versorgen, entfallen. Sogar die Abluft in Form von Stickstoff ist nutzbar: Das nicht entflammbare Gas wird in die sich während des Fluges allmählich leerenden Kerosintanks geleitet und wirkt dort als Brandschutz.

Auf der Hamburger Wasserstoffmesse H2Expo heute und morgen in Hamburg stellt Airbus seine Aktivitäten vor. Dort wird ein Tank gezeigt, der etwa das Format einer Badewanne hat und für einen Tagesbedarf von rund 50 Kilogramm Flüssigwasserstoff ausreicht. Daneben ist ein etwa ein Meter großes Flugzeugmodell mit beweglichen Teilen zu sehen, "das ein bleibendes Verständnis für die verschiedenen Funktionen der Brennstoffzelle im Flugzeug vermittelt", wie Airbus-Manager Barnaby Law sagt.

Auch der Hamburgs Senat hat die Bedeutung dieser neuen Technologie erkannt und engagiert sich im Rahmen des Zentrums für Angewandte Luftfahrtforschung (ZAL), dem außerdem Airbus, Lufthansa Technik, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und vier Hamburger Hochschulen angehören. "Vor dem Hintergrund der Prognosen im Luftverkehr und dem Bedarf an neuen Flugzeugen sind emissionssenkende Neuentwicklungen unumgänglich", sagt Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) dem Abendblatt. "Hocheffiziente elektrische Systeme wie die Brennstoffzelle können dazu beitragen, den Kraftstoffverbrauch zu reduzieren und so die Umwelt zu schonen." Zudem würde die neuartige Technik "auf den Flughäfen für eine erhebliche Entlastung an Lärm und Schadstoffen - auch bei den Anwohnern - sorgen", ergänzt Horch. Tatsächlich erreiche man einen nahezu emissionsfreien Bodenbetrieb, sagt Law. Die Brennstoffzelle funktioniere, ganz im Gegensatz zu den heutigen Hilfsturbinen, fast geräuschlos: "Es kann dann zum Beispiel ohne Gehörschutz am Flugzeug gearbeitet werden."

Eine weitere potenzielle Anwendung will man in Hamburg in den nächsten Wochen unter der Regie des DLR testen: Ein Forschungsflugzeug vom Typ Airbus A320 soll mit einem elektrisch angetriebenen Bugrad aus eigener Kraft am Boden rollen können, ohne dazu die Haupttriebwerke zu benötigen - eine Weltpremiere. "Damit müssten die Triebwerke künftig erst unmittelbar vor dem Start angelassen werden", sagt Enzinger. Nach Angaben des DLR spart dies bis zu 400 Liter Kerosin pro Jet und Tag, denn im Schnitt laufen die Motoren dreieinhalb Stunden täglich während der Rollphasen.

Bis eine als Ersatz der Hilfsturbine geeignete Brennstoffzelle in der Luft getestet werden kann, werden allerdings noch einige Jahre vergehen, weil dazu umfangreiche Umbauten im Flugzeug nötig sind. "Wir rechnen aber damit, dass wir spätestens bis Mitte dieses Jahrzehnts mit Flugversuchen beginnen können", so Enzinger. Eine sehr viel kleinere Brennstoffzelle, die nur für die Notstromversorgung ausreicht, ist bereits im Jahr 2008 in dem A320 des DLR geflogen.

Rund 40 Airbus-Beschäftigte arbeiten in Hamburg an der Wasserstoffzukunft. Sie kooperieren jedoch eng mit Experten an den Unis und anderen Forschungseinrichtungen, wie Barnaby Law erklärt: "Ein vergleichbares Netzwerk kenne ich nirgendwo anders."