Der Betriebsrat fordert eine Sicherung für Beschäftigte bis 2020 und weniger Leiharbeit auch in Hamburg. Es soll mehr ausgebildet werden.

Hamburg. Für Airbus sind das ungewohnte Töne: Im Ringen um eine langfristige Beschäftigungssicherung sprechen die Arbeitnehmervertreter nun von einer "Provokation" seitens der Geschäftsleitung und drohen sogar mit Streiks. Obwohl der Flugzeugbauer im neunten Jahr in Folge einen Auslieferungsrekord erzielt habe, sei angesichts anhaltender Gedankenspiele zur Auslagerung von Tätigkeiten die Verunsicherung bei den Beschäftigten noch immer groß, sagte der Airbus-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Johann Dahnken. "Wir wollen jetzt Klarheit für die nächsten Jahre schaffen und Standorte, Beschäftigung und Einkommen bis zum Jahr 2020 sichern", sagte Daniel Friedrich, Verhandlungsführer der IG Metall.

In dem angestrebten "Zukunftstarifvertrag" soll unter anderem festgeschrieben werden, dass im Schnitt 85 Prozent der an deutschen Standorten jährlich vorhandenen Arbeit durch die Stammbelegschaften geleistet werden muss. Derzeit sind bei Airbus in Hamburg nach Angaben von Dahnken 12 800 Personen fest angestellt, hinzu kommen 3600 Leihkräfte. Bisher gelten 20 Prozent als akzeptierte Zeitarbeitsquote. "Ein noch einmal etwa gleich großer Anteil der Arbeit wird in Form von Werkverträgen an Externe vergeben", so Dahnken.

Nach den Vorstellungen der IG Metall soll Airbus künftig Leihkräften, die seit mehr als 24 Monaten im Unternehmen tätig sind, einen festen Vertrag anbieten. "Es ist keine Seltenheit, dass Personen nach fünf oder sechs Jahren bei Airbus immer noch Zeitarbeiter sind, bei manchen sind es mehr als acht Jahre", so Dahnken. Diese Menschen empfänden sich als "Arbeitnehmer zweiter Klasse", erklärte Eckard Scholz, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Region Hamburg. "Im Flugzeugbau spielt man aber in der Champions League, und da braucht man eine Mannschaft, die top motiviert ist."

Mit der geforderten Stärkung der Stammbelegschaft reagiere man auch auf "Fehlentwicklungen" im Unternehmen, sagte Friedrich. "Wir erleben, dass bei Komponenten, die von außen kommen, die Qualität nicht stimmt, und dass nachgearbeitet werden muss."

Zu den weiteren Forderungen der IG Metall gehört eine Anhebung der Ausbildungsquote von fünf auf acht Prozent. Im Gegenzug biete man an, "das Unternehmen produktiver zu machen", sagte Friedrich: "Da ist noch viel Luft drin, so weit sind wir uns einig." Gedacht ist dabei zum Beispiel an eine effizientere Organisation der Arbeit.

Dazu sei es aber erforderlich, die Mitspracherechte der einzelnen Beschäftigten zu verbessern, sagte Friedrich. "Wenn man sich bei Airbus so viel mit den Menschen beschäftigen würde wie mit dem Dollarkurs, wäre uns schon sehr geholfen."

Derzeit sind die seit mehr als einem Jahr laufenden Gespräche mit der Arbeitgeberseite über den Zukunftstarifvertrag unterbrochen. Das Unternehmen fordere, die Produktivität in jedem Jahr um weitere fünf Prozent zu steigern, so Friedrich. Werde dieses Ziel nicht erreicht, wolle Airbus das Urlaubs- oder Weihnachtsgeld kürzen. Die Airbus-Geschäftsführung habe in den Verhandlungen bisher lediglich eine Beschäftigungssicherung bis 2012 angeboten - die auf Basis früherer Vereinbarungen im Prinzip aber ohnehin schon gilt: "Vor dem Hintergrund der aktuellen Auftragslage ist das kein Angebot, sondern eher eine Provokation."

Für Mittwoch kündigte die IG Metall Kundgebungen vor den Toren der Werke in Hamburg, Bremen und Stade an. "Wir erwarten, dass sich einige Tausend Kollegen daran beteiligen", so Scholz. Sollten die Verhandlungen danach nicht in der von der Gewerkschaft und dem Betriebsrat gewünschten Richtung vorankommen, stellt sich die Frage von Warnstreiks im Herbst."

Ein Airbus-Sprecher in Hamburg wollte sich zu den Inhalten der Gespräche zum Zukunftstarifvertrag nicht äußern. "Wir sind bereit, weiter zu verhandeln, aber dazu muss auch die Arbeitnehmerseite zu Zugeständnissen bereit sein", hieß es vom Unternehmen. Der Vertrag soll an die seit 2003 geltende Betriebsvereinbarung Siduflex - die Bezeichnung steht für Sicherheit durch Flexibilität - anschließen, die Ende 2012 ausläuft und die neben der Einführung von Arbeitszeitkonten auch eine Beschäftigungssicherung vorsah. Noch im Januar hatte Jan-Marcus Hinz, Betriebsratsvorsitzender im Werk Hamburg, darauf gehofft, bis Mitte des Jahres einen Abschluss zu erreichen.