Hamburger Abendblatt:

1. Nach der Reaktor-Katastrophe in Japan rechnet das Bundesamt für Strahlenschutz damit, dass eine radioaktive Belastung in der Größenordnung von Hunderttausendstel Becquerel pro Kubikmeter Luft Mitteleuropa erreicht. Müssen sich die Menschen in Deutschland deswegen um ihre Gesundheit sorgen?

Michael Atkinson:

Überhaupt nicht. Im Moment misst das Bundesamt für Strahlenschutz noch gar nichts. In Amerika und Island hat man gesehen, dass sich die Radioaktivität über die nördliche Erdhalbkugel verteilt. Aber die radioaktive Strahlung, die hier erwartet wird, ist so gering, dass davon keine gesundheitlichen Gefahren ausgehen, wenn sich die Situation in Japan nicht verschlechtert. Wahrscheinlich ist die Belastung in Deutschland so gering, dass sie nicht messbar sein wird.

2. Ist es sinnvoll, Jodtabletten einzunehmen, um die Schilddrüse zu schützen?

Atkinson:

Im Gegenteil. Die Einnahme von Jod ist zwar eine sehr gut wirksame Maßnahme, aber in Deutschland absolut unnötig und sogar gesundheitsgefährdend. So wirkt das Jod nur schützend, wenn es unmittelbar vor oder nach einer radioaktiven Kontamination eingenommen wird. Das hat in Deutschland zurzeit keinen Sinn, weil wir hier keine Verseuchung haben. Gefahr für die Gesundheit besteht besonders für ältere Menschen, weil sie hyperaktive Gewebeknoten in der Schilddrüse haben können, die durch das Jod aktiviert werden. Das kann lebensgefährliche Konsequenzen nach sich ziehen. Außerdem kann man auf Jod auch allergisch reagieren.

3 Können sich die radioaktiven Partikel aus der Luft auch auf Pflanzen und am Boden niederschlagen?

Atkinson:

Es gibt in Japan im Moment keine Hinweise darauf, dass radioaktiver Staub, der gefährliche Partikel der Brennstäbe enthält, sich auf Pflanzen niederschlägt, wie es damals in Tschernobyl der Fall war. Es sind eher die flüchtigen Bestandteile wie Jod und Cäsium, die auf die Oberfläche gelangen und dann von den Pflanzen und dem Boden aufgenommen werden. Von solchen Belastungen kann man aber in Deutschland nicht ausgehen.

4. Sollte man bei uns bestimmte Lebensmittel vorsichtshalber meiden?

Atkinson:

Die radioaktive Belastung, die in Deutschland erwartet wird, spielt für die hiesigen Agrarprodukte keine Rolle.

5. Worauf muss man beim Kauf von Lebensmitteln achten, die aus Japan in den deutschen Handel kommen?

Atkinson:

Hier werden die Behörden die Waren, die aus Japan kommen, kontrollieren. Wenn Lebensmittel bei den Kontrollen bestimmte Grenzwerte überschreiten, dürfen sie nicht importiert werden.