Ein Kommentar von Sven Kummereincke

Die Farbe der SPD ist bekanntlich Rot, die der Hamburger Genossen war in den vergangenen Monaten dagegen Rosarot. Absolute Mehrheit bei der Bürgerschaftswahl und 99-Prozent-Ergebnisse bei Abstimmungen auf Parteitagen - nichts schien die Harmonie der Sozialdemokraten stören zu können. Bis gestern: Völlig überraschend kandidierte Mathias Petersen bei der Fraktionssitzung gegen Carola Veit, um statt ihrer Bürgerschaftspräsident zu werden. Er unterlag äußerst knapp und sorgte für den ersten Kratzer in der heilen Welt der SPD.

So etwas kann man Wettbewerb nennen, der zur Demokratie einfach dazugehöre, was sich alle Beteiligten beeilten zu tun. Kampfkandidatur klingt ja auch so böse. Doch natürlich ist es mehr. Denn Petersen war der Erste, der das so sorgfältig geplante Personaltableau von Olaf Scholz nicht akzeptieren wollte. Der Erste, der es wagte, dem Bürgermeister und SPD-Chef zu widersprechen.

Ausgerechnet Petersen - der schon einmal seine Bürgermeister-Ambitionen ziemlich spontan verkündet hatte; der wegen des Stimmzettel-Diebstahls eben darum gebracht worden war; der es jüngst abgelehnt hatte, Senator zu werden.

Für Olaf Scholz ist das unangenehm. Erst ließ er Dorothee Stapelfeldt zur Bürgerschaftspräsidentin wählen, um sie kurz darauf zur Senatorin zu machen. Jetzt wird es von Carola Veit heißen, dass die halbe Fraktion sie gar nicht wollte. Es ist vielleicht noch keine Warnung für Scholz - aber eine Erinnerung. Dass der schwer erkämpfte Frieden in der Partei keine Selbstverständlichkeit ist.