Eine Glosse von Axel Tiedemann

Wer sich die neue Hamburger Kriminalstatistik anschaut, dürfte an einer Stelle erblassen. Zumindest wenn man Eiergrog und Watt zu schätzen weiß. Beides gibt es auf Neuwerk reichlich. Doch nach der Statistik hat sich der kleine grüne Hamburger Vorposten in der Nordsee zu einer Insel des Schreckens entwickelt. Um gewaltige 300 Prozent ist dort die Kriminalitätsrate innerhalb nur eines Jahres gestiegen. Was ist nur auf dem einst friedlichen Eiland geschehen? Mord im Leuchtturm, Gewaltexzesse im Eiergrog-Rausch?

Mitnichten. Es ist die alte Tücke der Statistik. 2009 gab es eine Straftat auf der Insel, 2010 dann vier. Und schwups ist der da, der dramatische Anstieg. Ähnlich gelagert ist der Fall HafenCity: Der neue Luxusstadtteil erlebte laut Statistik bei der Zahl der Wohnungseinbrüche eine Steigerung um 700 Prozent. Nun mag man an organisierte Einbrecherhorden denken, die dort nächtens durch die Straßen ziehen. Doch auch hier ist es eine Sache der kleinen Zahl. 2009 gab es dort nur einen Einbruch - ein paar mehr trieb die Prozentzahl nun in so gefährlich erscheinende Höhen.

Statistik ist eben so eine Sache. Eindeutig bewiesen ist beispielsweise eine außerordentlich hohe Korrelation zwischen dem Rückgang der Geburten in Mitteleuropa und dem Rückgang der Storchenpopulation. Womit sich die Sache mit den Störchen und den Babys doch recht einfach beweisen ließe, wenn man es denn wollte. Man muss also gar nicht wie Churchill seine eigenen Statistiken fälschen, um an sie zu glauben. Man muss sie nur richtig interpretieren. Alles ist eben relativ. Statistisch gesehen.