Eine Hommage von Nico Binde

Im Grunde kann ich den Dialog schon vorher jedes Mal mitsprechen. Wie üblich wird mich der Mann hinter der Kasse in Grund und Boden duzen und fragen "Na, Meister, wie geht's?" Und wie immer wird mir diese joviale Begrüßung etwas unangenehm sein. Aber was will man machen? Stammkiosk ist Stammkiosk, oder?

Für gewöhnlich variiere ich meine Antwort und verzichte auf den Hinweis, es bislang zu keiner Meisterschaft gebracht zu haben. Gut, mit der C-Jugend war ich 1993 mal Vizelandesmeister im Fußball, aber das ist eine andere Geschichte ... Jedenfalls beantworte ich die Frage nach meinem Befinden entweder mit "gut" oder "blendend", wahlweise auch mit "Ich kann nicht besser klagen". Das war's aber auch schon an persönlichen Auskünften. Danach gehen wir zur Tagesordnung über. Ich ordere rote Gauloises im Softpack. Er sagt "4,50!" Ich empfehle mich. In drei Jahren haben wir es nicht geschafft, uns unsere Namen zu verraten. Warum er mich duzt, ist mir schleierhaft. Und das Einzige, was uns verbindet, ist diese stille Übereinkunft: Er darf Meister zu mir sagen, ich kaufe Zigaretten.

Zugegeben, manche Menschen pflegen engere Beziehungen zu ihrem Händler. Und es gibt bestimmt relevantere Läden als meinen Kiosk. Aber auch ich mag diese Verlässlichkeit. Auch ich bin irgendwie Stammkunde. Und auch ich bedauere, dass Hanse-CD und weitere inhabergeführte Geschäfte womöglich wegen steigender Mieten schließen müssen. Denn oft eint sie eines: Sie haben Charme.

Deshalb würde mir auch mein Kiosk fehlen. Meister hin oder her.