Der Museumsfrachter “Cap San Diego“ wurde zur Überholung ins Dock von Blohm+Voss verholt, damit er weiter als seetüchtig gelten darf.

Steinwerder. Wie man ein Schiff einparkt? Christian Köpke lacht kurz auf, als jemand aus der Runde der Passagiere die Frage stellt. Nun, sagt der 46 Jahre alte Hafenlotse dann, "das ist jetzt wie beim Nähen das Einfädeln des Fadens in die Nadel". Ein Blick zum Heck scheint die Antwort zu bestätigen. Es ist jetzt kurz nach 9 Uhr an einem nebligen Morgen im Werfthafen von Blohm+Voss. Ein leichter Schleier liegt über dem Elbwasser, die Konturen der Stadt ragen aus einem diffusen Grau auf dem anderen Ufer des Stroms. Zwei Schlepper, die "Bugsier 17" und die "Bugsier 18", halten den Hamburger Museumsfrachter mit Leinen in Position, drehen ihn vorsichtig zu einem roten Dock. Der größte Teil davon ist bereits geflutet, wie eine enge Toreinfahrt wartet es nun auf das fast 50 Jahre alte Schiff, das dort in den kommenden elf Tagen für eine Art Schiffs-TÜV grundüberholt werden soll. 22 Meter ist die "Cap San Diego" breit, das Dock mit 28 Metern nur etwas breiter. Wind, Strömung, ein falscher Zug des Schleppers - das alles kann nun zum Fiasko führen. Mit seinem Funkgerät und seiner lauten Stimme dirigiert Lotse Köpke die Schlepper und den Rudergänger neben sich. Schiffsmaschine und die beiden Schlepper nutzt er nun zum Manövrieren, zum Einfädeln: In kurzer Folge kommen seine Kommandos:

"Langsam voraus, ganz langsam voraus!"

"Mittschiffs!"

"Stopp Maschine!"

"17 klein antauen!"

"18 mehr!"

"17 gut!"

"Die 18 an Backbord antauen!"

+++ Menschlich gesehen: Käpt'n "Cap" +++

Zug um Zug ruckelt sich die "Cap San Diego" mit den beiden Schleppern rückwärts Richtung Dockeinfahrt. Ein kurzer Weg nur - doch für viele an Bord ist es auch eine kleine Zeitreise. Seit 1988 ist der elegante weiße Stückgutfrachter bereits Museumsschiff und an seinem Stammplatz an der Überseebrücke längst zu einem Wahrzeichen der Stadt geworden. Ausstellungen, Kulturangebote und der kleine Hotelbetrieb locken jedes Jahr Tausende Besucher. In Betrieb gehalten wird das Schiff jedoch von einer ehrenamtlichen Crew, deren Mitglieder meist selbst in jungen Jahren auf solchen Schiffen gefahren sind. Viele graubärtige Männer mit roten Overalls wieseln daher heute übers Schiff. Maschinisten, Nautiker, Elektriker. Und auch der heutige Kapitän Rüdiger von Ancken, 66, ist als junger Lade-Offizier schon auf der "Cap San Diego" gefahren, später war er Kapitän auf großen Containerschiffen. Doch immer, wenn die "Cap San", wie sie hier an Bord sagen, zu einer ihrer wenigen Gästefahrten Richtung Ost- oder Nordsee ablegt, nahm er Urlaub und stand als ehrenamtlicher Kapitän auf der "Cap San Diego"-Brücke. Und selbst Hafenlotse Köpke macht den Job heute ehrenamtlich. "Das ist Freizeit", sagt er. Und natürlich auch für ihn eine kleine Zeitreise. 15 Jahre war er alt, als er 1979 das erste Mal als Praktikant zur See fuhr: auf der "Cap San Diego".

Das Ende solcher Frachtschiffe zeichnete sich seinerzeit schon ab. In den 60er-Jahren hatten in Hamburg die ersten Containerschiffe festgemacht. Ein Schiffstyp, der heute auf den Meeren dominiert, mehr als 90 Prozent aller Ladung in Hamburg wird heute in solchen Boxen umgeschlagen.

Auf der "Cap San Diego" war das noch anders, sie wurde 1961 als Letzte einer Serie von sechs solchen Frachtern für den Liniendienst nach Südamerika gebaut. Pkws, Baumaschinen, Chemikalien - das transportierte sie dorthin. Mit eigenen Ladekränen wurden die Güter seinerzeit in den Häfen gelöscht. Während heute ein Schiff vielleicht nur eine Nacht lang in einem fremden Hafen liegt, dauerte das bei solchen Stückgutfrachtern auch schon einmal eine Woche. "Santos in Brasilien kenne ich wie meine Westentasche", sagt Kapitän von Ancken. Für die Rückreise nach Europa wurden dann Kaffee, Kakao, Tabak, Baumwolle oder auch Leder geladen. Und: Die "Cap San Diego" hatte auch Platz für zwölf Passagiere. Salon und Kabinen im Stil der 60er-Jahre sind heute noch erhalten.

Gegen 9.30 Uhr huscht ein entspanntes Lächeln über das Gesicht des Hafenlotsen. Der knapp 160 Meter lange Frachter ist jetzt fest in seiner Position im Dock. Große Pumpen schaffen nun das Wasser aus den riesigen Tanks der gefluteten Anlage. Langsam treibt das Dock auf, nach gut zwei Stunden setzt sich der Schiffsrumpf sanft auf die Holzpallungen.

Für 1,2 Millionen Euro - finanziert vor allem von Hafenbetrieben - bekommt die "Cap San Diego" in den kommenden Tagen nun einen neuen Anstrich, vieles an der Technik wird ausgetauscht. Mehr als 400 Punkte stehen auf der To-do-Liste - damit sie bleibt, was sie ist: das größte noch fahrtüchtige Museumsschiff der Welt.

Infos zu Gästefahrten und Übernachtungen: www.capsandiego.de