Seit Christy Turlington 1992 den Anfang machte, posieren immer wieder Berühmtheiten für die Tierrechtsorganisation peta. Warum?

Hamburg. Sie schocken und verwirren, die Motive von peta: Prominente, meistens wenig bekleidet, oft in unerwarteten Posen, mit Blut besudelt, erstarrten Gesichtszügen. Durch die Andersartigkeit der Kampagnen erzeugt die nach eigenen Angaben weltweit größte Tierrechtsorganisation Aufmerksamkeit.

Der Betrachter wird förmlich gezwungen, sich mit dem Motiv und dessen Mitteilung auseinanderzusetzen. Zum wiederholten Mal ist es die Hamburgerin Cosma Shiva Hagen, die sich medienwirksam für Tiere einsetzt: "Wildtiere, am schönsten in der Freiheit" titelt ein neues Werbeplakat, das die Schauspielerin zeigt, im Negligé an einen Löwenkopf gekuschelt. Einen ausgestopften. Damit protestiert sie gegen die Wildtierhaltung im Zirkus. "Wie kann man nur diese schönen Tiere als Jagdtrophäen benutzen oder sie im Zirkus für Tierdressuren missbrauchen?", fragt Hagen, die am Fischmarkt ihre Kneipe Sichtbar betreibt. "Mir ist heute klar, dass Zirkusvorstellungen, in der jeder lacht und klatscht, nur eine Performance sind, aber niemals die Stimmung der Tiere widerspiegeln."

Cosma Shiva Hagen, die ebenso wie ihre Mutter Nina, peta Deutschland bereits seit Jahren unterstützt, ist diesmal eine von vielen. Denn kaum eine NGO ("Non-Governmental Organization")erfreut sich so immensen Zuspruchs von prominenter Seite. NGO sind eingetragene, gemeinnützige Organisationen, die keine staatliche Unterstützung erhalten, sondern ausschließlich von Spenden getragen werden. Den Auftakt dafür, dass heute internationale und deutsche Schauspieler, Musiker und Prominente wie Pamela Anderson, Thomas D., Cindy Crawford, Sibel Kekilli, Alicia Silverstone, Thomas Kretschmann, Eva Mendes, Paul McCartney, Dennis Rodman, Pink oder Dirk Bach unentgeltlich dabei sind, machte 1992 Christy Turlington.

Eine "Lieber Nackt als im Pelz"-Anzeigetafel mit dem Supermodel auf dem Sunset Strip in Los Angeles ließ die Medien regelrecht ausflippen. Das Motiv wurde überall gedruckt, gefilmt, besprochen. "Die peta-Kampagnen sind seit 1992 Kult, weil mit Schockmotiven große Aufmerksamkeit für Tierrechte hergestellt wird", so Medienwissenschaftler Steffen Burkhardt von der Universität Hamburg. "Ihre sogenannten Celebrity Testimonials, also prominenten Werbeträger, treten gegen die Verletzung und Tötung von Leben in der Massentierhaltung, Pelzzüchtung und Tierversuchen an. Ohne die prominenten Unterstützer hätte peta keine derart breite öffentliche Akzeptanz erzeugen können."

Doch warum gehört es mittlerweile fast zum "guten Ton" der Prominenz, sich für peta einzusetzen? "Die Testimonials profitieren sehr unterschiedlich von ihrem Engagement für peta: C-Sternchen steigern durch ihr Engagement ihren Bekanntheitsgrad und Supermodels wie Cindy Crawford ihren Markenwert", weiß Burkhardt. "Sie positionieren sich als gesellschaftspolitisch engagierte Stars. Es gehört zu den Paradoxien der Öffentlichkeit, dass Models damit der Modeindustrie den Kampf ansagen, der sie ihre Bekanntheit und ihr Einkommen verdanken."

Seit Mitte der 90er-Jahre habe sich der Anteil von Celebrity Testimonials in der Werbung vervierfacht, was grundsätzlich eine "Win-Win-Situation" für peta und den Promi sei. "Der Schuss kann aber nach hinten losgehen, wenn Supermodels wie Naomi Campbell oder Kate Moss in Anti-Pelz-Kampagnen mitwirken und gleichzeitig in Fellen über den Laufsteg schreiten. Dann wird die Glaubwürdigkeit sowohl der Tierrechtsorganisation als auch der Testimonials angekratzt", so der Wissenschaftler. Deshalb hat peta mehrfach die Zusammenarbeit mit Supermodels beendet. Schönheit allein, das reicht eben mal wieder nicht - und hilft keinem leidenden Tier.