Der Europäische Gerichtshof verbietet künftig geschlechtsspezifische Tarife und greift damit weitreichend in die Kalkulationsgrundlage der Versicherer ein. Auf den ersten Blick mag es ungerecht sein, dass Frauen bei vielen Policen mehr bezahlen müssen als Männer. Doch sie erhalten dafür auch höhere Leistungen, weil sie im Schnitt fünf Jahre länger als Männer leben.

Das Prinzip der privaten Versicherungswirtschaft besteht darin, Risikogruppen und Tarife nach verlässlichen Maßstäben zu bilden. Der Geschlechterunterschied hat sich dabei seit Jahrzehnten bewährt. Zwar steigt die Lebenserwartung seit Jahren, der Vorsprung der Frauen bleibt aber für die Männer uneinholbar.

Wenn jetzt solche Kriterien dem politischen Ziel der Gleichbehandlung von Mann und Frau geopfert werden, dann ist das nicht zum Nutzen der Kunden. Mit der Angleichung lassen sich zwar unterschiedliche Beiträge vermeiden und eine formale Gleichbehandlung erreichen. Aber mit Blick auf die Lebenserwartung bleibt es bei unterschiedlichen Leistungen für Männer und Frauen - denn Frauen bekommen länger Geld. Die "Ungerechtigkeiten", die man vermeiden möchte, werden nur in die Leistungsphase einer Versicherung, etwa beim Rentenbezug, verlagert. Das können Verbraucher aber kaum erkennen.

Die Versicherer werden - ihrer verlässlichen Kalkulation beraubt - künftig höhere Sicherheitsaufschläge in die Tarife einkalkulieren. Die Annahme vieler Experten, dass das Prämienniveau insgesamt steigen wird, ist deshalb naheliegend. Für dieses Urteil dürften die Verbraucher einen hohen Preis bezahlen.